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Brandenburg: Die Kur der Steine

20 000 Kristalle und Fossilien schmücken den Grottensaal im Neuen Palais. Doch die Pracht ist bedroht

Potsdam - Wenn Könige und Kaiser ihre Gäste in Potsdam einmal richtig beeindrucken wollten, führten sie sie an einen wahrlich prachtvollen Ort: den Grottensaal im Neuen Palais. Hier funkelt und glitzert es bis heute in tausenden Farben.

Schätzungsweise 20 000 Minerale, Edel- und Halbedelsteine – Turmaline, Achate, Opale, Malachite –, dazu Fossilien, Schnecken und Muscheln schmücken die Wände und Pfeiler. Doch wer genauer hinsieht, entdeckt schon seit Jahren erhebliche Schäden an der Pracht. Salzfraß am Untergrund bedroht die Kristalle, so dass sie von der Wand fallen können. Eine umfassende Sanierung soll deshalb den Grottensaal retten.

Doch bevor die Restauratoren richtig loslegen können, sollen die Steine, Fossilien, Muscheln und Schnecken analysiert werden. Wegen des strengen Denkmalschutzes haben herkömmliche Methoden zur Mineralienbestimmung keine Chance. Einfach ein wenig von der Oberfläche abzukratzen kommt nicht in Frage. Die Lösung fanden Fachleute des Instituts für Geowissenschaften der Uni Potsdam und des Studiengangs Restaurierung der Fachhochschule Potsdam in Zusammenarbeit mit der Schlösserstiftung. Die Mineralien werden mit Hilfe des Laserstrahls eines neuartigen Spektrometers durchleuchtet. Anhand der Lichtbrechung lassen sich das Ausmaß der Schäden, aber zugleich das Alter und die Herkunft der Stücke bestimmen.

„Allerdings handelt es sich um eine sehr aufwändige Arbeit“, sagt Käthe Klappenbach, Museologin in der Abteilung Schlösser der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. „Auf einer 70 mal 15 Zentimeter großen Fläche befinden sich allein 50 verschiedene Muscheln.“ Bei den Steinen sehe es ähnlich bunt und schillernd aus. Aber die Wissenschaftlerin erhofft sich durch die Untersuchungen auch das Lüften so mancher Geheimnisse. „Wir kennen meistens nicht die genaue Herkunft der Steine und wann sie im Grottensaal angebracht wurden“, erzählt Käthe Klappenbach. „Andererseits besitzen wir beispielsweise einen Hinweis über die Abgabe wertvoller Steine aus dem Orient durch den damaligen Chef der Deutschen Bank aus dem Jahre 1911.“ Der Bau der Bagdad-Bahn habe den Bankier damals in das Reich der osmanischen Sultane geführt. Die wertvollen Steine seien als Geschenk an Kaiser Wilhelm II. gedacht gewesen. „Leider wissen wir bis heute nicht, wo wir die guten Stücke im Grottensaal finden“, bedauert Klappenbach. Auf jeden Fall beherberge der Saal nicht nur abertausende Objekte, sondern auch dutzende Geschichten.

Friedrich der Große hatte 1769 das Schmuckstück zusammen mit dem Neuen Palais eröffnet. Allerdings erfolgten die Arbeiten nicht ganz fachgerecht. Der König hatte Geld sparen wollen und das Budget für die Handwerker kurzerhand halbiert. Deren Chef kündigte daraufhin und zog davon. Die billigere Ausführung aber führte zu Baumängeln; fast ungehindert kann die Feuchtigkeit in die Wände kriechen. Und auch die Nutzung des Saales machte die Sache nicht besser. Wilhelm I. pflegte hier das Weihnachtsfest zu feiern, während der NS- und der DDR- Zeit fanden große Empfänge statt, ohne jegliche Rücksicht auf den Denkmalschutz.

Heute gehören Feierlichkeiten im Grottensaal längst der Vergangenheit an. Besucher dürfen ihn nur mit einer Führung besichtigen – und neuerdings dabei den Wissenschaftler bei ihren Analysen über die Schulter schauen.

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