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Brandenburg: Die Polen kommen

Tausende Wohnungen stehen in Frankfurt leer – in Slubice dagegen fehlen sie. Jetzt sollen EU-Mittel das Missverhältnis beenden

Frankfurt (Oder). Polen studieren in Frankfurt an der Viadrina, Deutsche gehen zum Einkaufen über die Stadtbrücke ins polnische Slubice. Der kleine Grenzverkehr über die Oder ist Alltag geworden. In einem aber stellt der 250 Meter breite Fluss noch immer eine Barriere dar: Denn in Frankfurts früherer Vorstadt Slubice suchen etwa 500 Familien dringend nach eigenen vier Wänden. Zugleich stehen auf deutscher Seite rund 6500 Wohnungen leer. Sie sollen abgerissen werden – ein Missverhältnis, das die Frankfurter Stadtverwaltung schon seit längerem störte. Inzwischen aber scheint eine pragmatische Lösung greifbar.

„Wir sind vom Brandenburger Innenministerium ausdrücklich ermuntert worden, den Ermessensspielraum unserer Ausländerbehörde konsequent auszureizen“, sagt Heinz-Dieter Walter, Sprecher der Frankfurter Stadtverwaltung. Denn eigentlich dürfen Polen nur in Deutschland wohnen, wenn sie hier auch eine Arbeitsstelle nachweisen. Daran wird sich auch nach dem EU-Beitritt Polens im Mai nächsten Jahres nichts ändern, da für die Neumitglieder eine siebenjährige Übergangsfrist bis zur uneingeschränkten Freizügigkeit vereinbart wurde. Doch der Frankfurter Ausländerbehörde soll nun schon der Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit genügen, um Bürgern von Slubice und Umgebung eine Aufenthaltsgenehmigung zu gewähren. Die Stadtverwaltung arbeite bereits an einem geeigneten Prüfverfahren, sagt ihr Sprecher Walter.

Wäre diese rechtliche Hürde übersprungen, bliebe als nächstes Problem das unterschiedliche Mietniveau rechts und links der Oder. Nur wenige Polen könnten sich die zwei- bis dreifach höheren Mieten in Deutschland leisten. Doch es verbietet sich wohl, von Wohnungssuchenden aus Slubice einfach weniger zu verlangen. „Das wäre unseren Einwohnern nicht zu vermitteln und würde nur zu bösem Blut führen“, glaubt der Sprecher der Stadt. Die Differenz zwischen der von den neuen Einwohnern gezahlten und der tatsächlich notwendigen Miete müsse deshalb aus anderen Töpfen kommen.

Frankfurt will deshalb Bundesbauminister Manfred Stolpe (SPD) beim Wort nehmen. Der hatte kürzlich die Überlegung angestellt, einen Teil der für den Abriss von Plattenbauten bereitgestellten Mittel besser zur Mietbeihilfe für polnische Bürger zu verwenden. Doch dieses Geld aus dem Bundesbauministerium dürfte allein nicht ausreichen. Deshalb wollen Frankfurts Oberbürgermeister Martin Patzelt (CDU) und sein Slubicer Amtskollege Ryszard Bodziacki jetzt bei der EU-Kommission in Brüssel um Fördermittel werben. Die EU solle das Geld, das sie für die Städtebauförderung in grenznahen Bereichen ausgibt, ebenfalls besser in Mietzuschüsse für Slubicer in Frankfurt stecken. „Unser Modell wäre ein wirkliches Zusammenwachsen einer europäischen Stadt“, begründet Frankfurts Sprecher Walter. Weigert sich Brüssel, gäbe es noch folgende Möglichkeit: den Verkauf von Frankfurter Plattenbauten an polnische Investoren, die dann weitgehend eigenständige Mieten festlegen könnten.

Doch auch wenn die Wohnungsnot in Slubice so gemildert werden könnte – der große Stadtumbau in Frankfurt würde nicht wesentlich gestoppt. Seit 1989 sank die Einwohnerzahl von 87 000 auf jetzt 66 000. In der polnischen Nachbarstadt dagegen leben weiterhin 17 000 Menschen.

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