zum Hauptinhalt

Brandenburg: Die Software kam zu spät

Angekündigtes Chaos: Landeswahlleiter hatte vor drohenden Pannen gewarnt

Potsdam - Brandenburgs Landeswahlleiter Peter Kirmße muss seinen Posten doch nicht räumen, jedenfalls nicht kurzfristig. Zwar drängt das Innenministerium nach den schweren Pannen bei der Online-Veröffentlichung der Ergebnisse der Kommunalwahl auf einen personellen Wechsel vor dem Superwahljahr 2009. Doch Kirmße erhält in der Regierungskoalition Beistand von der SPD. Der Grund: Der 72-jährige Landeswahlleiter, der so schnell als vermeintlich Hauptschuldiger feststand, hatte nach Tagesspiegel-Informationen rechtzeitig vor dem drohenden Chaos gewarnt und auf Abhilfe gedrängt – offenbar vergeblich.

Der Alarm-Brief, den Kirmße am 7. August an Ulrike Rockmann, Chefin des für die technische Abwicklung der Wahlauswertung zuständigen Statistikamtes für Berlin-Brandenburg, sandte, ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Der Landeswahlleiter erinnerte daran, dass die Kommunalwahlen „das erste Projekt“ seien, „das wir aufgrund des gesetzlichen Auftrages gemeinsam nach der Fusion der statistischen Ämter von Berlin und Brandenburg durchführen“. Er habe jedoch „Anlass zur Sorge, dass die bis zum Tag der landesweiten Kommunalwahlen zu treffenden Vorbereitungen in den noch verbleibenden sieben Wochen termingerecht und in der gewohnten Qualität von Ihnen erfüllt werden können“. Konkret verwies Kirmße darauf, dass bei der Kommunalwahl am 28. September erstmalig die neue Software „Wahlinfo“ angewendet werde. Sie soll nach der Premiere für alle Wahlen in Berlin und Brandenburg eingesetzt werden. So sei es auf Empfehlung des Statistikamtes im November 2007 vereinbart worden, schrieb Kirmße. „Durch einzelne Nachfragen von Kreiswahlleitern wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass bis zum heutigen Tage noch nicht einmal eine Testversion … zur Verfügung gestellt wurde.“ Es sei jedoch „ein unbedingtes Erfordernis, die Einführung eines neuen Verfahrens gemeinsam mit den Kreiswahlleitern langfristig vorzubereiten, zu testen und freizugeben“, warnte Kirmße knapp sieben Wochen vor der Wahl. „Selbst mir als Landeswahlleiter konnte bisher noch kein an die Brandenburger Kommunalwahlen angepasstes System der Software ,Wahlinfo’ präsentiert werden.“ Zugleich erinnerte er vor dem Hintergrund von Pannen bei vergangenen Wahlen an seine früheren Empfehlungen „für eine Präsentation der vorläufigen Ergebnisdarstellungen am Wahlabend und der endgültigen Ergebnisse der Kommunalwahlen“, die er vorsorglich im November 2007 ans Statistikamt gesandt hatte.

Die Antwort, die Kirmße am 12. August von Amtschefin Rockmann erhielt, wird seine Sorgen kaum zerstreut haben. „Richtig ist, dass den Kreiswahlleitern, die ,Wahlinfo’ einsetzen wollen, das Programm für Testzwecke noch nicht zur Verfügung steht“, heißt es darin. Ursache seien noch nicht abgeschlossene Anpassungsarbeiten durch den Software-Hersteller an die gesetzlichen Vorgaben Brandenburgs. Dies solle nun zügig geschehen. Bei den Landkreisen traf das Programm in der zweiten Augusthälfte ein. Das Ende ist bekannt: In der Wahlnacht brach der Server mehrfach zusammen. Und es wurden ungeprüft falsche Ergebnisse zur Wahlbeteiligung veröffentlicht, die etwa in der Uckermark um 21.59 Uhr mit 220,8 Prozent gemeldet wurde.

Ulrike Rockmann, deren Vertrag im Februar 2009 ausläuft und zumindest nach Hinweisen aus Potsdamer Regierungskreisen nicht verlängert werden soll, hatte nach der Wahl Pannen eingestanden. „Es ist nicht gut gelaufen.“ Bei der Abgeordnetenhauswahl vor 2 Jahren habe es 2,4 Millionen Zugriffe auf den Server gegeben, in der Brandenburger Wahlnacht 7,5 Millionen. Thorsten Metzner

Zur Startseite