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Brandenburg: Die unbemerkte Durchsuchung

Von der Anti-Terror-Razzia in Cottbus haben viele Anwohner erst aus dem Fernsehen erfahren

Von Daniel Preikschat und claus-dieter steyer Cottbus. In der Kaupertstraße, wo eine islamische Terrorzelle beheimatet gewesen sein soll, stehen am Tag nach der Razzia viele Reporter und befragen Anwohner. Haben Sie von der Durchsuchung etwas mitbekommen, kannten Sie den Festgenommenen, haben Sie Verdächtiges bemerkt und wie fühlen Sie sich, so als Nachbar des Terrors? Doch nur wenige Nachbarn lassen sich bei strömenden Regen draußen sehen. Am Sonnabend war der Parkplatz noch voll mit Polizei. Mindestens zehn Einsatzwagen. „Die waren vom Nachmittag bis zum Abend zugange“, erzählt ein langhaariger Mann mit Schnauzbart, der im Haus gegenüber wohnt.

Viele Anwohner hatten die Bilder von der Razzia erst im Fernsehen gesehen: die Polizeiwagen, Blaulicht, Beamte, die den Hauseingang bewachen. Aber wo gefilmt wurde, haben nicht alle gleich erkannt. So ähnlich sehen sich hier die Häuser und Straßen, die bei Regenwetter meist menschenleer sind.

Ziel der Ermittler in der Kauperstraße 12 war eine Wohnung, an der ein Schild „Malik S.“ befestigt ist. An der Tür kleben eine LKA-Plakette und ein Zettel mit der Mitteilung: Wohnungsdurchsuchung LKA Brandenburg. Außer Malik S. wohnen noch sechs andere Mieter in dem halb leer gezogenen Sechsgeschosser, unter anderem eine vietsische Familie. Die Nachbarn reagieren abweisend auf Nachfragen. Die meisten öffnen gar nichts erst. Eine Frau sagt, Malik S. habe ausgesehen „wie ein Türke“. Er sei erst dieses Jahr eingezogen und bringe manchmal einen anderen Mann zu Besuch mit. Vom Grund der Durchsuchung habe sie keine Ahnung. Die Frau erschrickt, als sie hört, dass zwei Stockwerke über ihr ein islamischer Fundamentalist gewohnt haben soll, der verdächtigt wird, mit anderen Sprengstoffanschläge geplant zu haben. Als die Polizei am Sonnabend gegen 17 Uhr anrückte, waren viele Schnellwitzer nicht zuhause oder verfolgten vor dem Fernseher die 0:4 Niederlage ihres FC Energie Cottbus in Kaiserslautern.

Ein Bericht des Magazin „Focus“hatte die monatelangen verdeckten Ermittlungen publik gemacht. Generalbundesanwalt Kay Nehm erklärte gestern: Die Polizeiaktion hat keine Erkenntnisse über mögliche Anschlagziele ergeben. Statt Sprengstoff seien Mobiltelefone, Schriftmaterial und Bankunterlagen sichergestellt worden. Terroristische „Schläfer“ hatte von den Anwohnern wohl niemand in der Nachbarschaft vermutet. Die Klingelschilder in den Schmellwitzer Häusern tragen vor allem deutsche Namen. Wenn die Polizei hierher komme, sagt eine ältere Frau, dann meist wegen Schlägereien oder Messerstechereien. Es gebe Probleme mit jungen Rechtsradikalen, die Leute zusammenschlagen. Wer kann, zieht hier weg, sagt ein Jugendlicher.

Es kursieren Gerüchte, dass die Beschuldigten überwiegend Studenten der Fachhochschule gewesen seien und ihre Pläne dort in einem Gebetsraum ausgeheckt haben. Brigitte Klotz, Präsidentin der Fachhochschule Lausitz bestreitet dies. Islamischen Studenten sei kein Gebetsraum zur Verfügung gestellt worden. In der Hochschule studieren vergleichsweise viele Studenten aus dem Ausland: Von den 4500 Studenten kommen rund 20 Prozent aus anderen Ländern. Im Bundesdurchschnitt liegt der Ausländeranteil zwischen sechs und sieben Prozent. China stellt in Cottbus mit 344 Studenten die größte Ausländergruppe, gefolgt von Polen, Kamerun und der Ukraine. Aus arabischen Ländern kommen nur rund 130 Studenten.

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