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Brandenburg: Druck auf Ziel steigt: Erneute Flucht eines Gewaltverbrechers

Der Druck auf Sozialminister Alwin Ziel (SPD) nimmt nach der erneuten Flucht eines Gewaltverbrechers aus dem Neuruppiner Maßregelvollzug zu. PDS-Fraktionschef Lothar Bisky erneuerte nach dem Vorfall seine Forderung nach Rücktritt Ziels.

Der Druck auf Sozialminister Alwin Ziel (SPD) nimmt nach der erneuten Flucht eines Gewaltverbrechers aus dem Neuruppiner Maßregelvollzug zu. PDS-Fraktionschef Lothar Bisky erneuerte nach dem Vorfall seine Forderung nach Rücktritt Ziels. Seit der Flucht Schmökels seien keine ernsthaften Konsequenzen im Maßregelvollzug gezogen worden, sagte Bisky in Potsdam. "Die Regierung bekommt die Anstalten nicht in den Griff." Auch in den Koalitionsfraktionen wird die Kritik an Ziel lauter. Innenminister Jörg Schönbohm nannte es "unbefriedigend und unverständlich", wie es nach der Schmökel-Affäre erneut zu einer solchen Flucht kommen konnte, und forderte "Aufklärung". Die Zustände im Maßregelvollzug seien "nicht länger hinnehmbar".

Der Sozialminister versuchte am Donnerstag vor Journalisten den Eindruck zu erwecken, dass es es sich bei dem flüchtigen Straftäter Manfred Radtke, der am Mittwochabend von einem Freigang nicht zurückkehrte, lediglich um einen wegen Raubes verurteilten Alkoholkranken handle. Dieser sei zur Therapie in den Maßregelvollzug eingewiesen. Dass ein Alkoholiker rückfällig wird, sei nie ganz auszuschließen, sagte Ziel, der einen Rücktritt ablehnte. Er bestätigte, dass die Neuruppiner Einrichtung wegen baulicher Mängel eigentlich dichtgemacht werden müsste, wie es die Expertenkommission zur Aufklärung der Schmökel-Flucht gefordert hatte.

Ziel verwies darauf, dass die Lockerung für den 43-jährigen Radtke von einem externen Gutachter, dem bekannten Forensik-Spezialisten Norbert Leygraf, bestätigt worden sei - eine Konsequenz nach der Schmökel-Flucht. "Mehr kann man nicht tun", sagte er. Zur Gefährlichkeit des Mannes, der am Vorabend von einem Freigang zu einer Alkoholiker-Selbsthilfegruppe nicht zurückgekehrt war, konnte Ziel keine Angaben machen. "Das müssen die Ärzte beurteilen.

Nach Informationen aus Polizeikreisen saß Radtke, der ein langes Vorstrafenregister von 44 Straftaten (von Vergewaltigung, Diebstahl, Unterschlagung Betrug bis Raub) hat, in Neuruppin wegen gefährlicher Körperverletzung ein. "Im angetrunkenen Zustand ist er gewalttätig", warnt das Polizeipräsidium Oranienburg in einer Pressemitteilung. Radtke, auf den inzwischen Zielfahnder des Landeskriminalamtes angesetzt sind, hatte sich am Mittwochabend von Neuruppin mit dem Taxi nach Potsdam kutschieren lassen.

Zwar sprachen sich SPD- und CDU-Fraktionschefs, Gunther Fritsch und Beate Blechinger, gegen einen Rücktritt Ziels aus. Dennoch stieß auch in Koalitionskreisen das "erneut dilettantische" Krisenmanagement Ziels auf Unverständnis. Der SPD-Innenausschussvorsitzende Christoph Schulze äußerte Verständnis, wenn sich in der Bevölkerung der Eindruck erhärte, dass Ziel den Maßregelvollzug nicht in den Griff bekomme. "Wenn die Leute das so sagen, wird Wahres dran sein", sagte Schulze, "so kann es nicht weitergehen." Der CDU-Innenpolitiker Sven Petke sprach von einem "Trauerspiel." Ziel, der lange im politischen Geschäft sei, "wird selbst wissen, was jetzt zu tun ist." Dagegen erklärte Vize-Regierungssprecher Manfred Füger, diese Flucht sei nicht der Punkt, der das Fass zum Überlaufen bringe.

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