zum Hauptinhalt

Brandenburg: E-Mail von Schill

Cottbuser SPD wirft der Oberbürgermeisterin Karin Rätzel heimliche Kontakte zum Hamburger Rechtspopulisten vor

Von Sandra Dassler

Cottbus. Es sollte ein unaufgeregter Wahlparteitag werden: Die Cottbuser Sozialdemokraten wollten am Sonnabend ihre Kandidaten für die Kommunalwahl in Brandenburgs zweitgrößter Stadt bestimmen. Doch dann meldete sich der Stadtverordnete Volker Thummerer zu Wort, sagte einige Sätze zur Arbeit der SPD-Fraktion – und schwenkte dann drei Seiten Papier durch die Luft. „ Oberbürgermeisterin Karin Rätzel ist Sympathisantin der Schill- Partei!“ rief er. „Jetzt wissen wir endlich, mit wem wir es zu tun haben. Es wird Zeit, Frau Rätzel zur Verantwortung zu ziehen!“

Die meisten Genossen reagierten empört auf die vermeintliche Enthüllung. Das habe man ja schon immer geahnt, jetzt wisse man auch, wie die Oberbürgermeisterin ihren Wahlkampf finanziert habe, und warum die Schill-Partei bei der anstehenden Wahl im Oktober in Cottbus antreten wolle. „Frau Rätzel hat die Schill-Partei nach Cottbus geholt“, rief ein Genosse erregt.

Das Verhältnis der Cottbuser SPD zu Karin Rätzel ist gestört, seit diese aus der Partei austrat, weil einige Genossen sich aktiv an ihrer Abwahl als Finanzdezernentin der Stadt vor einigen Jahren beteiligt hatten. 2002 dann trat Rätzel bei der Oberbürgermeister-Wahl als parteilose Einzelkandidatin gegen die etablierten Parteien an – und gewann.

Volker Thummerer gehört seit Beginn ihrer Amtszeit zu Rätzels größten Widersachern. „Ich wollte den Bürgern und meiner Partei klar machen, mit wem wir es bei Frau Rätzel zu tun haben“, sagte er dem Tagesspiegel. „Auch, weil es einige Genossen gibt, die sie wieder in die SPD holen möchten.

Bei seinen Papieren handelt sich um eine E-Mail vom 5. Oktober 2001, in der Rätzel der Schill-Partei zum Wahlerfolg in Hamburg gratuliert. „Wir würden gern das Interesse ihrer Partei erwecken“, schreibt sie und verweist auf ihre Pläne, als Unabhängige bei der Oberbürgermeisterwahl anzutreten. Die Antwort kommt am 14. Oktober 2001 ebenfalls per Mail: Man dankt für den Glückwunsch und teilt die Kriterien mit, die Kandidaten der Schill-Partei erfüllen müssen. Der dritte Schriftsatz ist ein Fax, das Rätzel am 6. November 2001 an einen Mitstreiter schickte: „Höre gerade, dass Schill verkündet hat, auch in Brandenburg anzutreten“, heißt es darin. „Nun lehren wir Stolpe und Co. das Fürchten.“

Die Oberbürgermeisterin reagierte am Sonntag gelassen auf die Vorwürfe: „Es ist richtig, dass ich mich damals für das Wahlprogramm der Schill-Partei interessiert habe“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Ich weiß nicht, was daran verwerflich gewesen wäre. Die Schill-Partei steht auf dem Boden des Grundgesetzes. Aber ich habe diese Kontakte nicht weiter verfolgt. Hätte ich mit Schill zusammengearbeitet, hätte ich es damals gesagt und würde es auch heute sagen.“ Auch mit ihrer Wahlkampffinanzierung habe die Schill-Partei nichts zu tun.

Fragt sich nur, woher Volker Thummerer die persönlichen Schriftstücke hat. „Das war ein ehemaliger Mitstreiter“, sagt Frau Rätzel, „aus einer Zeit, als ich noch nicht Oberbürgermeisterin war. Das ist auch keine große Verschwörung – nur menschlicher Kleingeist.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false