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Brandenburg: Ein Kind verschwindet – die Ämter sehen kein Versagen

Cottbus - Nach dem Fund eines sechsjährigen Jungen in einer Tiefkühltruhe der elterlichen Wohnung wird in Cottbus und Potsdam über mögliche politische Konsequenzen diskutiert. Noch immer ist unklar, warum niemand ernsthaft nach dem Verbleib des Jungen forschte.

Von Sandra Dassler

Cottbus - Nach dem Fund eines sechsjährigen Jungen in einer Tiefkühltruhe der elterlichen Wohnung wird in Cottbus und Potsdam über mögliche politische Konsequenzen diskutiert. Noch immer ist unklar, warum niemand ernsthaft nach dem Verbleib des Jungen forschte.

Wie berichtet, war der Junge vermutlich am 20. Dezember 2001 gestorben. Vorangegangen war nach jetzigem Ermittlungsstand der Staatsanwaltschaft ein monate-, wenn nicht jahrelanges Siechtum. Bereits seit 1999 soll Dennis wenig Nahrung zu sich genommen und immer wieder erbrochen haben. Die Mutter suchte keinen Arzt auf, erzählte aber ihrem Ehemann davon. Verwandte berichteten, dass sie Dennis am Bett festband, damit dieser nicht störte. In den letzten Lebensmonaten konnte der Junge nicht mehr laufen oder sitzen. Zum Zeitpunkt seines Todes war das Kind unterernährt und extrem geschwächt. Möglicherweise wollte die Mutter diesen Zustand verheimlichen und versteckte die Leiche deshalb in der Tiefkühltruhe. Die 43-Jährige, die jahrelang Familienmitgliedern, Freunden und Behörden erzählte, der Junge befinde sich in der Berliner Charité, äußerte sich bislang nicht zu ihren Motiven. Sie hat acht Kinder geboren, zwei wurden 1999 zur Adoption freigegeben. Im Haushalt lebten neben Dennis noch fünf Kinder zwischen fünf und 20 Jahren. Die beiden ältesten wohnen jetzt bei Freunden, die drei Minderjährigen sind im Heim, da ihre Eltern in Untersuchungshaft sitzen.

Inzwischen haben sowohl das Brandenburger Bildungs- als auch das Sozialministerium Untersuchungen eingeleitet. Mitarbeiter des Jugendamtes hatten die Familie seit 1993 betreut, der Mutter aber geglaubt, dass Dennis im Krankenhaus sei. Auch das Schulamt hatte letztlich nichts unternommen, als die Einschulung immer wieder verschoben wurde. Anfang nächster Woche werden die Untersuchungsberichte erwartet. Bislang versichern alle Behörden, „ordnungsgemäß“ gehandelt zu haben.

Die Cottbuser SPD-Fraktionschefin Martina Münch spricht aus, was viele denken: „Wenn das Jugendamt ordnungsgemäß gehandelt hat, und es verschwindet ein Kind, dann stimmt etwas mit der Ordnung nicht.“

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