zum Hauptinhalt

Brandenburg: Ein Türke aus Berlin baut am neuen Brandenburg

Süleyman Yüksels Firma bekommt Aufträge aus Potsdam und aus dem Spreewald

Berlin. In Süleyman Yüksels Büro hängen zwei Bilder. Eine Brandenburger Allee hinter dem Schreibtisch, über der Besucherecke ein Pinienwald, wie er bei Antalya wächst. Eine Freundin hat sie für ihn gemalt. Seit gut 30 Jahren lebt Yüksel in Berlin, in einem türkischen Fischerdorf kam er 1953 zur Welt. Das Dorf war so klein, dass kein Beamter den Geburtstag eines Kindes aufschrieb. Die türkischen Behörden haben später den 10. April festgelegt. Das ist da normal, sagt Yüksel. Aber nicht alltäglich für einen Berliner Bauunternehmer. Vor knapp zehn Jahren hat Yüksel die Bateg Ingenieurbau GmbH gegründet. Seitdem ist sie auf 40 Festangestellte gewachsen. Trotz Baukrise macht die Bateg einen Umsatz von 15 Millionen Euro, bei der Industrie- und Handelskammer spricht man von einem „soliden Unternehmen“. Und weil in der Hauptstadt nun weniger gebaut wird, sucht die Bateg ihre Chance in Brandenburg.

Und das mit Erfolg. Am Hans-Otto-Theater, dem großen Projekt in Potsdam, bauen Yüksels Leute. Vor gut einer Woche haben die Arbeiten an der Spreewald-Klinik bei Lübben begonnen. Ende Oktober ist der Rohbau für das „Verfügungsgebäude 27" in Golm der Universität Potsdam fertig geworden. Und zwar acht Monate zu früh. Beim Architekturbüro AS-Plan, das den gesamten Bau leitet, ist man immer noch begeistert. Die Zusammenarbeit sei „hervorragend“ gewesen, sagt Projektsteurer Lutz Weber: „In den letzten zehn Jahren habe ich kein Bauunternehmen gesehen, das so perfekt organisiert war.“ Und qualifiziert. Die meisten Firmen würden „am Baustellen-Management sparen", sagt Weber. Die Bateg nicht und das zahle sich aus. Dass jetzt Geowissenschaftler und Physiker ihre neuen Hörsäle früher beziehen können als geplant, liegt aber wohl auch daran, dass die Leute von Bateg einiges an Überstunden in Kauf genommen haben – auch am Samstag.

Er hat Erfolg, weil er es anders macht, glaubt Yüksel. In Deutschland seien die Vorstellungen strikt, wie man plant oder Probleme löst. Die Hälfte aller guten Ideen habe gar keine Chance. Deshalb hat er seine Firma nach dem Prinzip aufgebaut: „Je mehr Gegensätze, umso besser.“ In der Bateg arbeiten Ost- und Westdeutsche, Türken aus Deutschland und aus der Türkei. Die Ostdeutschen, sagt er, können besser improvisieren, die Türken sind netter zum Kunden. Das läuft nicht ohne Spannungen. Vorsichtshalber ist Montag „Bürotag". Da wird miteinander geredet.

Bei den Angestellten kommt das an. Hans Joachim Giebel arbeitet seit drei Jahren für Yüksel. Der 52-Jährige macht die Kalkulation, trifft Absprachen mit den Bauherrn oder Architekten. „Einfach sind wir nicht“, sagt er, „aber spannend.“ Dass er einen Türken zum Chef hat, findet er normal. Früher hat er in einem Kombinat in Frankfurt gearbeitet, später bei der Preussag: „Da war ja noch geklärt, wie der Bleistift liegt.“ Jetzt ist vieles freier und lockerer, sagt er, nur „in der Terminabarbeitung, da ist der Herr Doktor sehr ungeduldig.“ Das würde Yüksel gefallen. Ungeduldig, so sieht er sich auch. Jede Geste sitzt, sein Blick über die schmale Brille hinweg ist prüfend.

Geplant hat er das alles nicht. Als er mit knapp 20 und einem türkischen Stipendium an der TU in Berlin Chemie studierte, wollte er Lehrer werden. Doch nach der Promotion hat er dann für eine Beratungsfirma gearbeitet, die Baustoffherstellern den türkischen Markt erschlossen hat. Erst nach der Wende ist Yüksel richtig ins Baugeschäft eingestiegen. Jetzt will er in Berlin bleiben. Auch wenn in der Türkei seine Ex-Frau und die drei Kinder leben – in Deutschland hat er mehr Möglichkeiten. Und eine Mission. Denn dass türkische Unternehmer in Berlin den größten Teil der ausländischen Selbstständigen ausmachen, darauf ist er stolz. Damit auch die Gesellschaft kapiert, was das für die Zukunft bedeutet, hat er mit anderen Unternehmern „Ganz oben“ herausgegeben. Ein Buch, in dem türkische Geschäftsmänner ihre Erfolgsgeschichte beschreiben.

Im Bauamt in Potsdam ist man zufrieden mit der Arbeit der Bateg. Was die Firma in Golm geliefert habe, sei „top“ gewesen. Ob der Geschäftsführer der Firma nun Türke sei oder nicht, das sei egal. Allerdings hat vor Yüksel noch keiner vom Bauamt einen solchen Auftrag bekommen. „Ich sage das immer meinen Kollegen“, sagt Yüksel und hebt die Hände über den Tisch: „Wir müssen in die Gremien, um aufzufallen.“ Er ist Mitglied in verschiedenen Ausschüssen der IHK. Beim Arbeitsgericht Berlin ist er ehrenamtlicher Richter. Da würden die Rechtsanwälte schon mal blöd schauen, sagt Yüksel und grinst. „Ich bin eben meistens der Erste."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false