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Brandenburg: Eisenhüttenstadt kocht

Die Eko-Stahl-Geschäftsführung will bis zu 700 der 3100 Arbeitsplätze abbauen – obwohl das Unternehmen profitabel arbeitet

Eisenhüttenstadt. Beim Eko-Stahlwerk, mit 3100 Beschäftigten einer der größten Industriearbeitgeber im Land Brandenburg, drohen Massenentlassungen. Obwohl das Werk schwarze Zahlen schreibt, sollen bis zum Jahr 2007 rund 500 bis 700 Arbeitsplätze der Kernbelegschaft abgebaut werden. Betroffen wäre jeder vierte bis jeder fünfte Arbeitsplatz. Brisant: Wie der Tagesspiegel erfuhr, gehen die Pläne nicht auf Vorgaben des spanisch-französischen Mutterkonzerns Arcelor zurück, sondern kommen von der örtlichen Geschäftsführung in Eisenhüttenstadt selbst. Diese habe gemeinsam mit der Unternehmensberatung McKinsey ein Konzept entwickelt, um den Standort Eisenhüttenstadt für Risiken durch die EU-Osterweiterung zu wappnen und strukturell wettbewerbsfähig gegenüber der konzerninternen Konkurrenz zu halten, hieß es aus Kreisen des Managements.

Von der Geschäftsführung, die sich die Pläne bereits am Freitag vom Aufsichtsrat absegnen lassen will, war offiziell zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Der Eko-Betriebsrat, die Verwaltung der „Stahlstadt“ und die Landesregierung reagierten alarmiert. Man erwarte umgehend eine Stellungnahme der Geschäftsführung, hieß es vom Betriebsrat. Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) sagte: „Wenn die Pläne so umgesetzt werden, würde das den Standort mittelfristig erheblich gefährden.“ Der Ministerpräsident ergänzte, er wolle demnächst mit den Beteiligten sprechen. Der Eisenhüttenstädter Bürgermeister Rainer Werner (SPD) sagte, die Dimension der Abbaupläne gleiche einem „Flächenbrand“. Ein Sprecher der IG Metall sagte: „Wenn es dabei bleibt, wird es Gegenwehr geben.“ Die Eko-Belegschaft sei „konflikterprobt“.

Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) sagte, es sei zwar nachvollziehbar, dass das Unternehmen sich auf neue Herausforderungen einstelle. Das Vorgehen der Geschäftsführung erscheine ihm jedoch „nicht schlüssig“. Junghanns wies auf die Folgen für die strukturschwache Region hin, „wo es auf jeden Arbeitsplatz ankommt“.

Unverständnis äußerte auch Heiko Müller, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion: „Man muss fragen, ob es verantwortliche Unternehmenspolitik ist, in einer strukturschwachen Region zu solch drastischen Maßnahmen zu greifen – und das zu einem Zeitpunkt, wo es nicht zwingend erforderlich ist.“ Schließlich stecke Eko-Stahl in keiner Schieflage, erwirtschafte sogar Gewinne. Beunruhigend seien die Abbaupläne auch deshalb, weil „jeder verlorene Industriearbeitsplatz doppelt schwer“ wiege und eine weitere Abwanderung zur Folge hätte.

Dagegen hieß es aus der Geschäftsführung, man müsse Eko Stahl angesichts des immensen Kostendruckes rechtzeitig auf schwierigere Marktverhältnisse einstellen. Ein weiteres Ziel sei, den Standort fit zu machen, um den Zuschlag für eine geplante weitere Verzinkerei zu bekommen, wo Eisenhüttenstadt mit den Arcelor-Standorten Bremen und Gent in Belgien konkurriert. Zwar gilt das Eko-Stahl-Werk als eines der wenigen gelungenen Großprojekte im Land. Trotzdem bangte die Region seit 1990 immer wieder um die Zukunft des größten Arbeitgebers. So kündigte der Arcelor-Konzern zu Jahresbeginn bereits die Schließung eines Hochofens in Eisenhüttenstadt an. Konzernchef Guy Dollé hatte damals erklärt, dass im Jahr 2015 „keine Tonne Roheisen in Europa mehr an einem Standort erzeugt wird, der im Landesinneren liegt“. Das Zittern in Eisenhüttenstadt geht also weiter.

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