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Der mutmaßliche Entführer wurde am Donnerstagabend gefasst.

© Thilo Rückeis

Entführung in Kleinmachnow: Irrsinnstat eines verschuldeten Unternehmers

Nach der Entführung in Kleinmachnow ist das vierjährige Mädchen wohlauf. Der 44-jährige mutmaßliche Täter betrieb in Zehlendorf zwei Geschäfte und hat selbst drei Kinder.

Die wichtigste Nachricht: Das am Donnerstag für knapp 14 Stunden entführte vierjährige Mädchen aus Kleinmachnow ist gesund. Das Kind und die Eltern „haben weder seelische noch körperliche“ Schäden davongetragen, sagte Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) am gestrigen Freitag in Potsdam. Wie das traumatische Erlebnis sich in möglichen Spätfolgen auswirkt, ist aber nicht absehbar. Die Familie wird psychologisch betreut.

Es war offenbar die Verzweiflungstat eines hoch verschuldeten Unternehmers aus Zehlendorf. Der 44-jährige Besitzer eines Tierfutterhandels und einer Confiserie in Zehlendorf sitzt in Untersuchungshaft. Carsten W. hat am Freitag gestanden, die Vierjährige vor den Augen der Mutter entführt und 60 000 Euro Lösegeld von den Eltern erpresst zu haben. „Er ist reuig und hat sein Bedauern geäußert“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Heinrich Junker. Für erpresserischen Menschenraub und räuberische Erpressung droht ihm eine Mindeststrafe von fünf Jahren Haft.

Der Unternehmer ist geschieden und hat selbst drei Kinder unter zehn Jahren. In Kleinmachnow an der A 115 am südlichen Berliner Stadtrand soll er nach Angaben von Ermittlern ein Wochenendgrundstück haben. Die Entführung habe er seit Tagen geplant, mit dem Lösegeld wollte er seine Schulden loswerden. Die Siedlung mit vielen neuen Einfamilienhäusern habe er genau ausgespäht und nach geeigneten Opfern gesucht, die ihm wohlhabend genug erschienen.

Am Mittwoch mietete er sich laut Polizei von einem Autoverleih in der Umgebung von Kleinmachnow einen roten Renault Clio und montierte die von einem tschechischen Botschaftsfahrzeug gestohlenen Kennzeichen an. Am Donnerstag um 8 Uhr setzte er seinen Plan um. Eine 41-jährige Mutter wollte gerade ihre Tochter in den Wagen setzen und zur Tagesmutter bringen. Da kam Carsten W. maskiert in die Garteneinfahrt gelaufen, bedrohte die Frau mit einer Sichel und griff sich das Kind. Er hinterließ ein Schreiben mit der Lösegeldforderung. „Keine Polizei, keine Presse“, hieß es auf dem Papier.

Mehr als 500 Beamte sowie Suchhunde und Hubschrauber kamen zum Einsatz, auch zwei Beamtenteams aus Berlin mit Erkennungsgeräten für Autokennzeichen wurden nach Brandenburg beordert. Brandenburgs Polizei habe alle Register gezogen, sagte Innenminister Dietmar Woidke (SPD). Unzählige Fahrzeughalter roter Clios wurden überprüft. Um 18.22 meldete sich der 44-Jährige telefonisch bei der Familie, um die Geldübergabe zu regeln. Die Mutter musste über die A 12 Richtung Polen nach Fürstenwalde (Oder-Spree) fahren. Wegen des im Vergleich zu anderen Entführungen relativ geringen Lösegeldes wollte sich Einsatzleiter Uwe Flemming nicht auf Verhandlungen einlassen. „Priorität hatte das Leben des Kindes“, sagte er.

Am Übergabeort erspähte die Polizei den roten Clio, Observationsteams verfolgten ihn. Schließlich setzte der Mann das Mädchen in Kleinmachnow aus, wo es Nachbarn zurück zu den Eltern brachten. Spezialkräfte der Polizei nahmen Carsten W. fest. Er leistete keinen Widerstand. „Er hat wohl schon geahnt, dass wir nicht weit weg sind“, sagte Potsdams Polizeipräsident Rainer Kann. Dem Mädchen gegenüber hat sich der 44-Jährige laut Polizei vorsichtig verhalten, ging mit ihm spazieren, versorgte es mit Essen, hatte sogar Spielzeug dabei. „Er hat das Kind betreut“, sagte Einsatzleiter Flemming.

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