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Brandenburg: Ex-Minister findet Brüssel Spitze

Schelter will seine Mitgliedschaft in EU-Gremien keinesfalls beenden. Rechtlich ist das nicht anfechtbar

Von Thorsten Metzner

Potsdam / Brüssel. Der vor zwei Monaten wegen einer Immobilien-Affäre zurückgetretene Ex-Justiz- und Europaminister Kurt Schelter (CDU/CSU) vertritt das Land weiterhin in Brüssel – als wäre er noch im Amt. Gegenüber dem Tagesspiegel bestätigte Schelter, dass er seine diversen Ausschuss-Mitgliedschaften bei der EU-Kommission weiterhin aufrechterhält und regelmäßig an Sitzungen in Brüssel teilnimmt.

„Ich nehme meine Aufgaben wahr, wie es sich gehört", sagte Schelter. Die Mandate seien „personengebunden." Bislang macht der Ex-Minister deshalb keine Anstalten, diese Funktionen im so genannten „Ausschuss der Regionen" (AdR) und weiteren Fachgremien in Brüssel niederzulegen. Juristisch ist Schelter damit sogar auf der sicheren Seite. Eine Abberufung sei nach EU-Recht nicht möglich, bestätigt Brandenburgs neue Europaministerin Barbara Richstein (CDU). „Eine Mitgliedschaft im Ausschuss der Regionen endet nur durch Rücktritt oder Tod." Die Europaministerin hat die heikle Angelegenheit jetzt an Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) übergeben. „Ich prüfe den Vorgang", sagte dieser gegenüber dem Tagesspiegel. Beobachter gehen davon aus, dass der Ministerpräsident Schelter den freiwilligen Rücktritt nahe legen oder über seinen Vize und Innenminister Jörg Schönbohm intervenieren wird, der mit Schelter befreundet ist. Schelter selbst ließ auf Anfrage offen, wie lange er die Mitgliedschaften noch wahrnehmen will. „Das müssen wir mal sehen", sagte er. Er spüre jedenfalls „keinen Druck".

Auf der Brüsseler Bühne ist der Ausschuss der Regionen (AdR), dem Schelter mit 24 weiteren deutschen Mitgliedern angehört, ein wichtiges Gremium. Es vertritt mit seinen insgesamt 222 Vertretern die Interessen der europäischen Regionen gegenüber Brüssel, wird dazu vom Rat der Europäischen Kommission regelmäßig gehört. Und in dem mit 15 Mitgliedern kleinen, aber einflussreichen AdR-Fachausschuss für Finanzen und Verwaltung (CAFA) ist Schelter, dessen europapolitische Kompetenz unbestritten ist, sogar Vorsitzender. Er war in diese Funktion erst im Juli 2002 gewählt worden. Außerdem ist der Juraprofessor Mitglied im Ausschuss „Deutschland / Polen" und in der Fachkommission „Transeuropäische Netze, Verkehr, Informationsgesellschaft." Da er überall offizieller Vertreter des Landes ist, kann er sogar Zuarbeiten der Landesvertretung Brandenburgs in Brüssel anfordern. Die Reisekosten für seine Brüssel-Flüge schlagen allerdings nicht dem Landeshaushalt zu Buche, sondern werden dem Vernehmen nach von der EU erstattet.

In Potsdam war Schelter seit seinem Rücktritt bei politischen Anlässen nicht mehr in Erscheinung getreten. Dass er ohne Regierungsamt auf dem Brüsseler Parkett weiterhin aktiv ist, wird in der Koalition als brisant angesehen. Schelter desavouiere damit seine in Europafragen noch unbeleckte Nachfolgerin, heißt es missbilligend in CDU-Kreisen. Zudem läuft noch ein durch eine Strafanzeige Schelters angestrengtes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Potsdam gegen Platzecks Staatskanzleichef Rainer Speer und Regierungssprecher Erhard Thomas, denen der Ex-Minister Geheimnisverrat vorwirft. Diese hatten gerichtliche Pfändungsbeschlüsse über sein Gehaltskonto - Schelter hatte sich mit Immobilienprojekten übernommen - öffentlich bestätigt.

Schelters fortgesetzte europapolitische Aktivitäten führen zu skurrilen Situationen: So weilte der Ex-Minister, just als Regierungschef Platzeck und Europaministerin Richstein in Brüssel ihre Antrittsbesuche absolvierten, ebenfalls vor Ort: Zur gleichen Zeit fand eine Fachkonferenz des „Ausschusses der Regionen" statt. Donnerstagabend flogen der Ex-Minister, offiziell noch immer Brandenburg-Repräsentant, und Brandenburgs Regierungsdelegation im gleichen Flieger nach Tempelhof zurück: Es gab ein kurzes Händeschütteln mit Nachfolgerin Richstein und mit Platzeck, der ihm Ende Juli die Entlassungsurkunde überreicht hatte.

Nicht nur für den SPD-Europabgeordneten Norbert Glante ist dieser Zustand unhaltbar. Glante legt Schelter den Rücktritt von der Ausschussmitgliedschaft nahe: Dieser habe zwar als Europaminister einen guten Job gemacht, aber „ das ist kein guter Stil".

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