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Brandenburg: Fabrik der vereinten Nationen

Das Chipwerk in Frankfurt finanzieren Araber, Amerikaner und Deutsche. Wie wirkt sich der Krieg darauf aus?

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Der Krieg im Irak hat begonnen. Die Auswirkungen auf Brandenburg halten sich in Grenzen – sollte man zumindest meinen. Wie aber wirkt sich die neue Lage auf die in Frankfurt (Oder) geplante Chipfabrik aus, die ja bekanntlich ein deutsch-amerikanisch-arabisches Gemeinschaftsprojekt ist? Hauptfinanzier ist das Emirat Dubai am Persischen Golf, Mitgesellschafter und Technologie-Lieferant (neben dem Frankfurter Institut für Halbleiterphysik IHP) ist der US-Chip-Hersteller Intel.

Das Problem des 1,3-Milliarden-Dollar-Projektes: Es fehlen noch 650 Millionen Dollar Fremdkapital, die Verhandlungen mit Banken sind nach Angaben der Communicant AG, die die Chipfabrik bauen und betreiben will, in der Schlussphase. Und jetzt der Krieg! Bedeutet er für das als „weltpolitisch sensibel“ geltende Projekt, dessen Finanzierung seit zwei Jahren eine einzige Zitterpartie ist, das endgültige Ende? „Nein, es gibt keine aktuelle Gefährdung für die Chipfabrik wegen des Irak-Krieges“, antwortet Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU). Alle Beteiligten hätten genügend Problembewusstsein und sich auf das Szenario eingestellt.

Vorige Woche hatte der Minister mit den Scheichs in Dubai und den Bossen von Intel gesprochen: Alle wollten das Projekt fortführen. Befürchtungen, dass die internationalen Finanzierungsverhandlungen jetzt beeinträchtigt werden könnten, wies Junghanns zurück: Er sehe keinen unmittelbaren Einfluss. Allerdings versucht Junghanns nicht, seine Sorge zu verbergen: „Die große Unbekannte ist der Verlauf des Krieges.“ Wenn er länger dauere, es eine fundamentalistische Gegenreaktion der arabischen Welt geben sollte, könne dies nicht abzusehende Folgen für die Weltwirtschaft und damit auch für das multi-nationale Projekt haben. „Das muss man im Auge behalten.“

Auch Communicant-Vorstandschef Abbas Ourmazd, gerade von Gesprächen mit Intel aus Kalifornien zurück, macht sich keine Illusionen darüber, „dass jeder Krieg unberechenbar ist“. Dennoch sehe er derzeit „keine Auswirkungen auf die Chipfabrik“. Ourmazd, gebürtiger Iraner mit US-Pass, verweist auf „die außerordentlich engen Beziehungen“ zwischen den arabischen Emiraten und den USA. Er habe unmittelbar nach Kriegsausbruch mit Dubai telefoniert: Man sehe dort nicht, dass der Krieg die Investition erschweren könnte. Das bestätigt Hans-Georg Schmitter, Leiter der Brandenburger „Auslandsplattform“ in Dubai, der am Morgen mit dem dortigen Regierungsbeauftragten Mohammed al Zarouni gesprochen hatte: „Es gibt nicht den geringsten Zweifel, dass Dubai seinen Verpflichtungen nachkommt“, so Schmitter.

Schmitter glaubt sogar, dass der engere Zusammenschluss zwischen Deutschland und Arabien durch die Anti-Kriegs-Haltung von Bundeskanzler Schröder sich positiv auf die Chipfabrik und die Wirtschaftsbeziehungen überhaupt auswirken werde. Deutsche und Franzosen seien in Dubai hoch angesehen. Und der US-Konzern Intel? Machen sich hier Animositäten gegen die Deutschen breit, die das Engagement des US-Konzerns berühren? Der Deutschlandchef von Intel, Günther Jünger, winkt ab: „Die deutsch-amerikanischen Spannungen sind rein politisch.“ Auf das Business hätten sie keine Auswirkungen. Intel stehe voll zu seinem Engagement bei der Chipfabrik. „Aus unserer Sicht hat sich durch den Irak-Krieg nichts geändert.“

Auch im politischen Raum sieht man keine unmittelbare Gefahr für die Chipfabrik. Zwar ist der PDS-Wirtschaftsexperte Ralf Christoffers überzeugt, dass der Irak- Krieg einen Rückschlag für die Weltwirtschaft bedeute, der mittelbar auch Folgen für Brandenburg haben werde. Es werde „sehr lange“ dauern, bis man sich davon erhole. Ob sich dadurch die Aussichten für die Chipfabrik verschlechterten, sei im Moment Spekulation. SPD-Wirtschaftsexperte Heiko Müller warnt vor „übertriebenen Ängsten“, betont aber auch: „Wenn der Krieg lange dauert, wird dies zwangläufig auch Auswirkungen auf Brandenburg haben.“ Was die Chipfabrik angehe, so hätten alle Beteiligten gewusst, „dass der Krieg kommt“. Er glaubt nicht, dass die Verhandlungen beeinträchtigt werden.

Von der Chipfabrik einmal abgesehen: Könnten die Störungen im deutsch-amerikanischen Verhältnis das Engagement weiterer US-Firmen in Brandenburg gefährden? So verhandelt zum Beispiel Universal Express mit dem insolventen Luftschiffbauer Cargolifter in Brand. SPD-Wirtschaftsexperte Müller sieht keinen Grund, warum die Amerikaner jetzt abspringen sollten. Junghanns ist zurückhaltender: Noch, betont der Wirtschaftsminister, sehe er keine Auswirkungen der deutsch-amerikanischen Spannungen auf die Ansiedlung von Investoren. „Aber ich beobachte das sehr aufmerksam.“

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