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Fall Ermyas M.: Prozessauftakt zum Angriff auf Deutsch-Äthiopier

Die Angeklagten, die den Deutsch-Äthiopier Ermyas M. zusammengeschlagen haben, müssen sich vor Gericht lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Der Opferanwalt will weiterhin den "fremdenfeindlichen Hintergrund beweisen".

Potsdam - Als am 16. April vergangenen Jahres in Potsdam ein Deutscher afrikanischer Herkunft durch einen Faustschlag ins Koma geprügelt wurde, war das Entsetzen groß. Tagelang war es ein Top-Thema nicht nur in Deutschlands Nachrichten. Viele sahen das Vorurteil vom "ausländerfeindlichen Osten" bestätigt. Die Bundesanwaltschaft übernahm die Ermittlungen gegen zwei relativ schnell gefasste Tatverdächtige und ließ sie mit dem Hubschrauber zum Haftrichter nach Karlsruhe fliegen. Der Vorwurf: Versuchter Mord aus Ausländerhass. Doch schon kurze Zeit später schien sich das Bild zu relativieren. War es doch nur eine Prügelei unter Betrunkenen und hatte das Opfer diese gar selbst mit provoziert?

Zumindest müssen sich die Angeklagten im Alter von 29 und 31 Jahren von diesem Mittwoch an nur noch wegen gefährlicher Körperverletzung beziehungsweise unterlassener Hilfeleistung vor dem Landgericht Potsdam verantworten. Von einem ausländerfeindlichen Motiv ist in der Anklage keine Rede mehr. Allerdings will Thomas Zippel, Anwalt des Opfers, weiter "den fremdenfeindlichen Hintergrund beweisen". Zu vernachlässigen dürfte wohl auch nicht sein, dass sich das Opfer über Wochen wieder zurück ins Leben kämpfen musste.

Ermyas M. bei jedem Prozesstag anwesend

Vermutlich auch, weil der Wasserbauingenieur äthiopischer Herkunft bei jedem Prozesstag mit im Gerichtssaal sitzen will, wird mit einem großen Medienandrang gerechnet. "Rund 60 bis 70 Journalisten hatten angefragt, nur 15 konnten eine Akkreditierung bekommen", sagt Gerichtssprecher Frank Tiemann. Das Opfer soll an diesem Freitag in den Zeugenstand gerufen werden.

Die Potsdamer Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage von folgendem Geschehen in den frühen Morgenstunden des 16. April aus: Zunächst hätten die Beschuldigten an einer Haltestelle das Opfer fremdenfeindlich beleidigt, worauf ein Wortgefecht entbrannte. Als die Angeklagten weggingen, soll der Deutsch-Äthiopier ihnen gefolgt sein und versucht haben, den 29-Jährigen zu treten. Daraufhin schlug der Hauptangeklagte dem Ingenieur mit der Faust ins Gesicht und verletzte diesen lebensgefährlich. Der 31-jährige Beschuldigte soll dem hilflos am Boden liegenden Opfer nicht geholfen haben.

Wenige Tage nach der Tat hörte sich das von der Bundesanwaltschaft noch ganz anders an: Da war von einer "Gefahr für die innere Sicherheit" die Rede und von einem Mordversuch. Der damalige Generalbundesanwalt Kay Nehm reagierte erbost, als Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) ihn für seine Einmischung kritisierte und ein fremdenfeindliches Motiv in Frage stellte. Wenig später ruderte Nehm dann doch zurück, der Vorwurf des versuchten Mordes sei nicht mehr zu halten. (Von Imke Hendrich, dpa)

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