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Brandenburg: Fall Ulrike aufgeklärt: "Wir denken immer an dich"

"Erleichterung" war gestern das wohl am häufigsten gebrauchte Wort in Eberswalde. Menschen standen auf Straßen und Plätzen zusammen, um über die Verhaftung des Mörders der 12-jährigen Ulrike Brandt aus ihrem Heimatort zu diskutieren.

"Erleichterung" war gestern das wohl am häufigsten gebrauchte Wort in Eberswalde. Menschen standen auf Straßen und Plätzen zusammen, um über die Verhaftung des Mörders der 12-jährigen Ulrike Brandt aus ihrem Heimatort zu diskutieren. Der Tenor reichte von "Super!" und "Klasse!" bis zur Forderung nach drastischen Strafen für den gefassten Mann. Wie ein Lauffeuer hatte sich am späten Mittwochabend in der Kreisstadt die Nachricht über die Festnahme des Mörders verbreitet.

Zum Thema Chronologie: Der Mordfall Ulrike "Todesstrafe, alles andere wäre zu mild", sagt eine Frau an der Ecke Biesenthaler Straße. "So ein Unglück, das kleine unschuldige Mädchen." Vor allem im Eberswalder Ortsteil Finow, wo Ulrikes Eltern wohnen, wollten die Menschen gestern nicht zur Tagesordnung übergehen. Den ganzen Vormittag über schwankte die Stimmung noch. "So lange kein Geständnis vorliegt, kann noch keine Genugtuung aufkommen", meinte ein Fußgänger vor dem Lotto-Laden. "Schon einmal hatten die Zeitungen doch von einem verhafteten Mörder geschrieben. Dann war der am Fall völlig unbeteiligt." Kurz nach 13 Uhr 30 brachten Radiosender die Nachricht vom Geständnis - und damit Gewissheit.

Mit ihren Gedanken waren die Menschen vor allem bei den Eltern von Ulrike. Ganz Finow war schließlich sowohl beim Gedenkgottesdienst als auch bei der Beerdigung des Mädchens auf den Beinen gewesen. Pfarrer Martin Appel, der vor zwei Wochen die Trauerrede hielt, sprach von "zwiespältigen Gefühlen". Sicherlich sei es gut, dass der Täter gefasst wurde. Aber nun beginne erst die Trauerarbeit. Er hoffe sehr, dass die Eltern von Ulrike, die Kraft zu dieser Trauer fänden. Er stehe im ständigen Kontakt zu dem Ehepaar. "Wir rufen uns gegenseitig an, wann immer es notwendig ist", sagte der Pfarrer.

Vor allem an zwei Orten in Finow versammelten sich gestern viele Menschen: Am Grab des Mädchens auf dem Friedhof und an der rund 500 Meter entfernten Stelle, wo Ulrike angefahren und verschleppt worden war. Hier wie dort lagen frische Blumen, Kuscheltiere und persönliche Gedichte von Ulrikes Freunden und Sportkameraden. "Liebe Ulrike, wir werden dich in ewiger Erinnerung behalten. Es ist sehr traurig, dass du uns so früh verlassen musstest", ist dort auf Briefen zu lesen. "Wir vermissen dich", schreibt Ulrikes Mitschülerin Nadine aus der 6 a der Finower Grundschule. Auch das Blumengebinde der Handballmädchen vom SC Finow, mit denen Ulrike zwei Mal wöchentlich trainierte, ist frisch. In Begleitung ihrer Mutter legt die zwölfjährige Maria ein Plüschtier hinzu. "Ich habe es vor wenigen Tagen zum Geburtstag bekommen", sagte das Mädchen, "aber ich hätte keine rechte Freude daran gehabt. Ich muss immer an Ulrike denken. Sie ging in meine Schule." Viele Einwohner, darunter zahlreiche Schüler und Mitglieder von Ulrikes Handballmannschaft, hatten sich nach dem Verschwinden an der Suche nach dem Mädchen in den Wäldern und unzugänglichen Anlagen des früheren Militärflughafens beteiligt.

In der Grundschule bleibt Ulrikes Platz in den Klassenzimmern unbesetzt. Auch hier stand gestern ein Blumenstrauß. Erfahrene Psychologen betreuen Schüler und Lehrer in ihrer Trauer über den Verlust des Mädchens.

"In meiner Heimat sind Kinder etwas Heiliges. Sich an ihnen zu vergreifen, ist das allerschlimmste Verbrechen", sagt die Jugoslawin Mara Lotomirovic, die mit ihrem Mann eine Gaststätte vor den Toren der Stadt betreibt. Ja, sie sei froh, dass der Täter dingfest gemacht wurde. Doch dadurch bekämen die Eltern ihr Kind nicht zurück.

Die Meldung von der Verhaftung des Mörders traf auch aus einem weiteren Grund auf große Aufmerksamkeit in Finow und Umgebung: Vor mehr als 30 Jahren schockte ein mehrfacher Kindermörder die Menschen hier. Er wurde nach DDR-Recht zum Tode verurteilt. Dazu kommt eine aktuelle Sorge - auf dem Gelände der Landesklinik soll ein Erweiterungsbau für psychisch kranke Straftäter entstehen.

Im Polizeipräsidium begann gestern das große Umräumen. Seit dem 22. Februar, als Ulrikes Mutter in den Abendstunden eine Vermisstenmeldung abgegeben hatte, herrschte in dem alten Gebäude im Stadtzentrum Hochbetrieb. Fast "nebenbei" wurden durch die Fahndung nach dem Mörder von Ulrike weitere Straftaten aufgeklärt.

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