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Tatort an der Elbe. In dem kleinen Ort Hinzdorf bei Wittenberge im Norden Brandenburgs ereignete sich am Sonnabend eine Familientragödie. Foto: Imago

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Familientragödie in der Prignitz: Ein Schuss – eine Tote und ein Schwerverletzter

Bei einer Jugendweihefeier in der Prignitz schoss ein 56-Jähriger auf einen Verwandten und floh mit einer Geisel. 300 Beamte verfolgten ihn. Sein Motiv ist noch unklar.

Von Sandra Dassler

Wittenberge/Tannenkrug - Es sollte eine schöne Familienfeier anlässlich der Aufnahme eines jungen Menschen in die Erwachsenenwelt werden, doch es endete in einer Tragödie: Während einer Jugendweihefeier in der Prignitz erschoss ein 56-Jähriger am Sonnabend eine Frau, verletzte einen Mann schwer und nahm einen weiteren Mann als Geisel.

„Der 56-Jährige fuhr gegen 15.45 Uhr mit dem Auto auf den Campingplatz in Hinzdorf bei Wittenberge“, sagte der Potsdamer Polizeisprecher Rudi Sonntag dem Tagesspiegel: „Er betrat das Festzelt und feuerte aus einer Waffe sofort einen Schuss ab, worauf ein 42-jähriger Mann ebenso zu Boden stürzte wie eine 67-jährige Frau, die kurz darauf starb.“

Erst war vermutet worden, dass die Frau vor Schreck einem Herzschlag zum Opfer gefallen war, später stellte sich heraus, dass der 42-Jährige einen Durchschuss erlitten hatte und die gleiche Kugel in den Oberkörper der hinter ihm stehenden 67-Jährigen eingedrungen war. Während der 42-Jährige stark blutete, war die Verwundung der Frau auf den ersten Blick nicht erkennbar.

Opfer und mutmaßlicher Täter sind offenbar miteinander verwandt, bei dem Schützen soll es sich nach Tagesspiegel-Informationen um einen Bruder oder Cousin des Verletzten handeln. Der Schütze war zur Jugendweihefeier nicht eingeladen worden, weil es offenbar schon vorher Streit in der Familie gab.

Nachdem er den Schuss abgefeuert hatte, zwang der 56-Jährige einen der 17 Anwesenden, ihn zu seinem Auto zu begleiten. Dort musste der Mann losfahren, während ihn der 56-Jährige immer wieder mit der Waffe bedrohte. Zwei Funkstreifenwagen konnten kurz danach die Verfolgung des Wagens aufnehmen.

Der Schütze flüchtete mit seiner Geisel über die Elbe nach Sachsen-Anhalt, weiter bis in den niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg und von dort wieder zurück nach Sachsen-Anhalt. Nach etwa 90 Minuten blieb das Fahrzeug auf der Bundesstraße 190 in der Ortslage Tannenkrug in der Altmark liegen. Der 56-Jährige ließ Auto und Geisel zurück und floh mit Waffe in den Wald.

Inzwischen waren auch Polizisten aus Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie der Bundespolizei und des Landeskriminalamtes mobilisiert worden, etwa 300 Beamte waren im Einsatz. Sie sperrten die Bundesstraße 190 komplett, auch ein Hubschrauber kam zum Einsatz.

Gegen 18.30 Uhr stellte sich der 56-Jährige seinen Verfolgern und ließ sich widerstandslos abführen. Die Tatwaffe hatte er im Wald zurückgelassen, auch am Sonntag suchte die Polizei vergeblich nach ihr. Der Mann wurde festgenommen, das Gericht in Neuruppin erließ am Sonntag Haftbefehl wegen Totschlags in Verbindung mit versuchtem Mord und Freiheitsberaubung. Offenbar zweifelte der Haftrichter nicht daran, dass der Schuss im Festzelt zielgerichtet abgegeben wurde. Der Beschuldigte hat sich laut Polizei und Staatsanwaltschaft bislang nicht zu den Motiven seiner Tat geäußert. Die weiteren Ermittlungen, insbesondere zu den Hintergründen der Tat, werden durch die Neuruppiner Staatsanwaltschaft und eine Sonderkommission der Prignitzer Polizei geführt.

Der schwer verletzte 42-jährige Mann wird in einem Krankenhaus behandelt und befindet sich, so Polizeisprecher Rudi Sonntag, nicht mehr in Lebensgefahr. Zu den genauen Verwandtschaftsverhältnissen von Beschuldigtem und Opfern wollte der Polizeisprecher aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und wegen der laufenden Ermittlungen keine näheren Angaben machen.

Außerdem habe man die übrigen auf der Jugendweihefeier Anwesenden zunächst nicht vernehmen können und wollen, sagte Sonntag: „Sie standen unter massivem Schock und wurden bereits unmittelbar nach der Tat von Pfarrern und Seelsorgern sowie anderen Mitgliedern des Kriseninterventionsteams im Landkreis Prignitz betreut.“

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