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Brandenburg: FC Ostalgie Cottbus

Rot-Weiß Essen wollte beim Ligaspiel DDR-Fahnen verbieten – ein Eigentor

Von Sandra Dassler

Cottbus - Fußballfan „Diaspora“ macht sich Gedanken, ob er mit seinem Schlüsselanhänger in Form des grünen Ampelmännchens zum Sicherheitsrisiko wird, „Rheuma-Kai“ schwärmt von DDR-Nostalgie-Bettwäsche: Wer sich derzeit ahnungslos auf die Internet-Pinnwand des FC Energie Cottbus verirrt, fühlt sich im falschem Film. Oder in „Good bye, Lenin“. Jedenfalls lernen Cottbuser Fans gerade den Text von „Uns’re Heimat“ und anderen DDR-Liedern auswendig.

Die wollen sie am Sonntag im fernen Ruhrpott singen. Der geballte Ost-Trotz trifft dann den Fußballverein Rot-Weiß Essen. Dessen Sicherheitsbeauftragter hatte im Vorfeld des Zweitligaspiels ein Schreiben an den FC Energie geschickt. Darin stand, dass das Mitführen von DDR-Symbolen beim Spiel am Sonntag nicht gestattet werde. Begründung: „Es werden vermehrt DDR-Symbole gezeigt, um die Fans aus dem Westen zu provozieren.“ Zudem spiele die „teilweise provokant von den ostdeutschen Fans vorgetragene DDR-Nostalgie“ eine nicht unerhebliche Rolle beim „gegenwärtigen Ost-West-Konflikt, was die Verteilung staatlicher Ressourcen angehe“.

Eine Steilvorlage, wie Stürmer sie nur erträumen können. Der Verein, die Fans, die Stadt und ganz Brandenburg in Gestalt von PDS-Chef Lothar Bisky reagierten empört, und binnen 24 Stunden hatte sich ein eher uninteressantes Zweitligaspiel in eine hochbrisante Ost-West-Prestigeschlacht verwandelt.

Zwar zog Essens Präsident Rolf Hempelmann gestern die Notbremse. Dem Tagesspiegel sagte er, es habe sich um eine „interne Einsatzanweisung“ gehandelt, die lediglich DDR-Fahnen betreffen sollte. Inzwischen sei die Angelegenheit in einem freundschaftlichen Gespräch mit Energie-Präsident Dieter Krein beigelegt worden: „Weder das Tragen von T-Shirts mit DDR-Symbolen noch das Mitführen von Fahnen sind am Sonntag im Essener Stadion verboten.“

Doch es dürfte zu spät sein: Selbst Cottbuser Fans, die den Ostalgie-Kult eigentlich albern finden, wollen sich nun am Sonntag in ihre alten FDJ-Hemden zwängen. Und bis dahin fleißig Liedtexte lernen.

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