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Brandenburg: Feierabend im Dienst der Allgemeinheit

FALKENSEE .Man stelleÔ sich vor, es brennt und keiner kommt löschen!

FALKENSEE .Man stelleÔ sich vor, es brennt und keiner kommt löschen! Ein Alptraum, von dem man in Brandenburg zum Glück weit entfernt ist - obwohl es im ganzen Land nur vier Berufsfeuerwehren gibt.So liegt der Brand- und Katastrophenschutz fest in ehrenamtlicher Hand.2032 Freiwillige Feuerwehren gibt es, 47 961 Männer und Frauen versehen hier ihren ehrenamtlichen Dienst.Nach Feierabend, wenn andere vor der Glotze hocken oder in der Kneipe das Feierabendbier zischen, oft auch während der Arbeit stehen sie bereit, um zu bergen und zu retten.Drei von ihnen bezahlten den Einsatz für die Allgemeinheit im vergangenen Jahr sogar mit dem Leben.

Bevor ein Feuerwehrmann in ein brennendes Haus geschickt wird, muß er seine Tauglichkeit zum Einsatz unter schwerem Atemschutzgerät unter Beweis stellen.Alle drei Jahre werden Herz und Kreislauf ärztlich untersucht, jährlich steht eine Prüfung unter Einsatzbedingungen auf dem Trainingsplan."Früher haben wir einen Kameraden auf der Trage ein paar hundert Meter über den Sportplatz geschleppt", berichtet ein Helfer.Wer dann erstmals im Qualm einer brennenden Wohnung stand, machte schon einmal schlapp und brauchte selbst Hilfe.Vielerorts wird auch heute noch so geübt.In Falkensee wurde am Freitagabend das erste Atemschutzzentrum des Landes Brandenburg in Betrieb genommen.Erstmals besteht hier die Möglichkeit, unter realistischsten Bedingungen für den Ernstfall zu trainieren.

Maske und Helm aufgesetzt, die rund 15 Kilo schweren Flaschen mit dem Sauerstoffvorrat für eine knappe Stunde auf dem Rücken, so geht es an den Start."Mit der Endlos-Leiter könnten wir auf 999 Meter klettern", beschreibt Ausbildungschef Harald Christ den Kasten an der Wand, der immer neue Sprossen freizugeben scheint.Nach 200 Metern auf einem Laufband geht es dann für zweieinhalb Minuten aufs Fahrrad.Bleibt die Pulsüberwachung im grünen Bereich, wird es anschließend ernst.

In der eigentlichen Übungsanlage gilt es, auf zwei Ebenen laufend, kriechend und kletternd einen Parcours zu absolvieren, der nahezu alle Tücken beinhaltet, auf die ein Feuerwehrmann in einem brennenden Haus treffen kann.Ein Nebelaggregat sorgt für realistische Verqualmung, eine Klimaanlage für die "brandheiße" Temperatur von 88 Grad und Lichteffekte simulieren im Hintergrund lodernde Flammen.Stimmengewirr, Eisenbahn- oder Flugzeuggeräusche werden per Lautsprecher eingespielt.Zum Schluß müssen sich die Wehrmänner, die stets zu Zweit auf den Weg geschickt werden, mit einer Leiter auch noch durch das verwinkelte Innenleben einer riesigen Tonne bewegen.

Infrarot- und Wärmebildkameras halten die Kandidaten für die Ausbilder ständig im Bild, Trittkontakte in den Bodenplatten signalisieren die Position zusätzlich auf der Leuchttafel des Bedienpultes.20 Minuten sind die Zeitvorgabe, weniger als zehn Prozent der Kandidaten machen schlapp, berichtet Christ.Von 18 bis 50 Jahren reicht das Einsatzalter unter Atemschutz, danach ist die Fortsetzung freiwillig und an eine jährliche ärztliche Untersuchung gebunden.

Bei immer spektakuläreren Einsätzen, so der stellvertretende Landesbrandmeister Horst Enders, kommt der Ausbildung immense Bedeutung zu."Jede Mark, die in die Feuerwehr investiert wird, ist eine Mark für die Sicherheit des Territoriums und der Feuerwehrleute".2,8 Millionen Mark hat sich der Kreis die Vorreiterrolle kosten lassen.Eine Entscheidung, die - so Landrat Burkhard Schröder - nach der heutigen Finanzlage nicht mehr möglich gewesen wäre.Neben der Trainingsanlage gehören noch eine Werkstatt zur Wartung der Gerätschaften und ein Atemschutz-Gerätewagen für Einsätze bei Großbränden zum neuen Zentrum.

Weit vom Wohnsitz entfernte Arbeitsplätze und Arbeitgeber, deren Toleranz gegenüber häufig zu Einsätzen abgerufenen Freiwilligen immer mehr abnimmt, beeinträchtigen die Einsatzbereitschaft der Wehren am Tage.Oft, so Kreisbrandmeister Hans-Jürgen Reckin, muß man mit reduzierter Besatzung ausrücken oder selbst bei kleineren Anlässen Kräfte aus mehreren Orten alarmieren.Während die Firmen den Lohn für die Einsatzzeiten erstattet bekommen, erhält der Helfer keinen Pfennig.Dennoch ist die Motivation hoch, kennt man keine Nachwuchsprobleme: Die Jugendfeuerwehren zählen landesweit 12 000 Mitglieder.

Im vergangenen Jahr haben die Brandenburger Feuerwehren 13 144 Brände gelöscht, in 20 925 Fällen technische Hilfe geleistet und sind 45 718 Notfalleinsätze gefahren.550 Menschenleben konnten gerettet werden.

RAINER W.DURING

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