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Im Mittelpunkt der Affäre. Beim Bau des Resorts Schwielowsee soll Mitinhaber Axel Hilpert überhöhte Fördergelder in Millionenhöhe kassiert haben. Foto: Patrick Pleul/dpa

© dpa

Filz und Verdacht: Affären in Brandenburg: Verschwiegene Idylle am Schwielowsee

Das Resort am Schwielowsee ist auch nach der Verhaftung des Miteigentümers gut gebucht. Zum Skandal will sich niemand äußern. Es geht um überhöhte Fördergelder in Millionenhöhe.

Potsdam – An der Rezeption des Fünfsterneresorts am Schwielowsee geben sich die Mitarbeiter freundlich zurückhaltend. Kein Wort ist ihnen zu entlocken über die Verhaftung des Mitinhabers Axel Hilpert (63) wegen des Verdachts auf schweren Subventionsbetrug. Selbst Hoteldirektor Thomas Badstübner will sich zuerst gar nicht zur aktuellen Situation äußern. Dann bestätigt er zumindest, dass „Gäste nur vereinzelt nach der aktuellen Situation“ fragen. Die meisten Besucher aus ganz Deutschland und aus dem Ausland würden sich einfach nur über die schöne Anlage freuen und sich nicht für den „angeblichen Skandal“ und die Stasi-Verstrickungen interessieren. Am Sonnabend war die luxuriöse Anlage denn auch zu 80 Prozent belegt. Im Hafenrestaurant „Ernest“ mussten alle Gäste zuvor einen Platz reservieren. Mehr Aufmerksamkeit als sonst erfreute sich allerdings ein goldenes Schild neben dem Hoteleingang. Darauf ist ein wichtiges Detail vermerkt: „An der Finanzierung beteiligt waren die DKB Deutsche Kreditbank, Land Brandenburg. Dieses Vorhaben wurde von der Europäischen Union kofinanziert, Europäischer Fonds für regionale Entwicklung.“

In Brandenburg wächst jetzt die Sorge, dass die Hilpert-Affäre weitreichende Folgen für den Tourismus haben könnte. Der Skandal um eventuell erschlichene Fördergelder des Landes für die noble Hotelanlage mit Bootsanlage und Wellness-Center sei schädlich für die Branche, sagte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke): „Das kann zu einem Imageproblem werden.“ Der Bürgermeister von Werder (Havel), Werner Große, fürchtet, dass geplante Investitionen in einen Golfplatz und in die Erweiterung des Hotels nun scheitern könnten. Große kennt Hilpert gut; er musste vergangenes Jahr eine vierstellige Geldbuße zahlen, weil er sich von Hilpert 2005 eine Reise in die Mongolei sponsern ließ. Für die Korruptionsermittler war das Vorteilsnahme im Amt.

Seit Donnerstag sitzt Hilpert nun in Untersuchungshaft. Als Betreiber und Mitinhaber des „Resorts Schwielowsee“ soll er bei den Kosten für den Bau gemauschelt und auf diese Weise die überhöhten Fördergelder von 9 Millionen Euro bekommen haben. Ein Einsatzkommando verhaftete ihn nahe seiner Wohnung in Potsdam. Die Ermittler sahen akute Fluchtgefahr, weil Hilpert über beste Kontakte etwa nach Kuba verfügt. Auch gab es Hinweise, dass Hilpert versucht haben soll, Beweise beiseite zu schaffen und Zeugen zu beeinflussen.

Die Vorwürfe, die der Landesrechnungshof 2009 erstmals erhob und womit er die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft samt Razzia vor einem Jahr auslöste, hat Hilpert stets bestritten. Sein Anwalt wollte sich am Sonnabend auf Anfrage des Tagesspiegels nicht zu den Vorwürfen äußern. Hilpert drohen bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft. Die Staatsanwaltschaft steht kurz vor Abschluss des Verfahrens und will dann Anklage erheben. Wirtschaftsminister Christoffer will jetzt nicht kommentieren, wie es überhaupt zum Millionenbetrug bei dem von seinem Vorgänger Ulrich Junghanns (CDU) vorangetriebenen Projekt kommen konnte und warum die Investitionsbank damals nicht genau prüfte. Christoffers wolle damit nicht in Verbindung gebracht werden, hieß es aus seinem Umfeld. Es geht um viel – auch um Arbeitsplätze und Image.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) ließ sich kurz vor der Fertigstellung der Anlage 2005 von Hilpert herumführen. Zur Eröffnung kam alles, was Rang und Namen hatte. Potsdamer Politgrößen waren gerngesehene Gäste. Das Resort gilt als Top-Tagungsstätte in bester Lage. Die Anlage war Schauplatz politischer Gipfeltreffen, die Gäste waren namhaft. Die Finanzminister der G-8- Staaten tagten 2007 hier, die SPD-Spitze machte hier den Sturz von Kurt Beck als Parteichef perfekt. Auch renommierte Unternehmen fanden Gefallen an dem von Berlin aus gut erreichbaren Resort. Tagesgäste wurden per Wasserflugzeug eingeflogen. Für den brandenburgischen Tourismusvermarkter (TMB) ist es eine der besten Adressen im Land. Noch immer ist das Resort ein „Premiumpartner“ einer auf Tagungen spezialisierten TMB-Tochter – obwohl die Staatsanwaltschaft seit einem Jahr ermittelt.

Die angespannte Ruhe jetzt hat auch einen anderen Grund: Hilpert war bestens in Politik und Wirtschaft vernetzt, in Brandenburg lange ein wichtiger Mann, in den neunziger Jahren Berater der Landesregierung. Er konnte sich als Entwickler von Immobilien auf beste Kontakte stützen – trotz oder vielleicht gerade wegen seiner Vergangenheit als Chefhändler für Kunst und Antiquitäten des DDR-Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski, als Agent und Stasi-Mann und Koordinator für die Kuba-Geschäfte. Die Furcht, jetzt in Bedrängnis könnte Hilpert auspacken über Verstrickungen der Führungszirkel, ist -groß.

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