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Brandenburg: Finanzlage: "Wirkliche Situation Brandenburgs unklar"

Der Landesrechnungshof hat die unüberschaubaren Finanzpraktiken der Koalitionsregierung scharf gerügt: Es bestehe die Tendenz, die tatsächliche Finanzsituation des Landes durch Neben- und Schattenhaushalte sowie nicht ausgewiesene Beteiligungen zu verschleiern, so Rechnungshof-Präsidentin Gisela von der Aue am Freitag bei der Vorstellung des jüngsten Jahresberichtes ihrer Behörde. Dadurch wüchsen in bestimmten Bereichen Filz und finanzielle Risiken.

Der Landesrechnungshof hat die unüberschaubaren Finanzpraktiken der Koalitionsregierung scharf gerügt: Es bestehe die Tendenz, die tatsächliche Finanzsituation des Landes durch Neben- und Schattenhaushalte sowie nicht ausgewiesene Beteiligungen zu verschleiern, so Rechnungshof-Präsidentin Gisela von der Aue am Freitag bei der Vorstellung des jüngsten Jahresberichtes ihrer Behörde. Dadurch wüchsen in bestimmten Bereichen Filz und finanzielle Risiken.

Als aktuelles Beispiel führte sie die hohen, noch nicht endgültig geklärten Verluste der Landesentwicklungsgesellschaft LEG an, vor deren unüberschaubaren Beteiligungen und Immobilien-Geschäften der Rechnungshof bereits 1998 gewarnt habe. Das Desaster der Bankgesellschaft Berlin zeige, welchen verheerenden Einfluss ein unüberschaubar gewordener, im Mehrheitsbesitz eines Landes befindlicher Konzern auf die Haushaltslage nehmen könne, warnte von der Aue. Grafik: Ausgaben des Landes Brandenburg bis 2002 Die Präsidentin verlangte, dass Parlament und Rechnungshof über die finanziellen Geschäfte des Landes außerhalb des so genannten Kernhaushaltes besser informiert werden müssten, um diese kontrollieren zu können. "Die wirklichen Verhältnisse in den Landesfinanzen sind unklar", so von der Aue. Durch Ausgliederung öffentlicher Aufgaben und Vermögen aus dem Landeshaushalt sowie dadurch mögliche zusätzliche Kreditaufnahmen werde "die Vermögens- und Schuldenlage nicht umfassend und transparent ausgewiesen und kontrolliert". Die Parlamentarierer verlören durch Neben- und Schattenhaushalte "den unmittelbaren Einfluss auf das Finanzgebaren und die Übersicht über die weiteren finanziellen Aktivitäten des Landes". Dem Finanzministerium warf die Präsidentin vor, in seinem Beteiligungsbericht "ein unzulässig verkürztes Bild über die mittelbaren Beteiligungen des Landes" gegeben zu haben. Zwar würden Beteiligungen an 42 Unternehmen ausgewiesen, nicht aber deren Beteiligungen "an Unternehmen der dann folgenden Generation", den so genannten Enkeltöchtern.

Daneben bereiten dem Rechnungshof die noch verbreitete Verschwendung von Steuergeldern sowie die alles in allem inkonsequente Konsolidierungspolitik Sorgen. Allein die im Jahresbericht aufgeführten Fälle von Verschwendung hätten dem Land einen Verlust von 50 bis 60 Millionen Mark beschert, so Gisela von der Aue, wobei die LEG noch gar nicht eingerechnet sei. Das Bild sei auch deshalb unvollständig, weil die erheblichen Verluste durch strukturelle Mängel nicht zu erfassen seien. Typische Beispiele: Das Innenministerium hatte noch unter dem früheren Ressortchef Alwin Ziel 1000 Gymnastikanzüge für Polizistinnen angeschafft, doch fanden wegen des altmodischen Schnitts nur acht eine Abnehmerin. Überhaupt sitzt das Innenministerium wegen falscher Bedarfsermittlung auf "übermäßig hohen Lagerbeständen" von 11,5 Millionen Mark. Schwerwiegende Mängel hat der Rechnungshof auch bei der Bewilligung von Zuwendungen für Bauvorhaben festgestellt. 20 Millionen Mark wurden seit 1993 für ein neues Verfahren zur Berechnung der Bezüge der Landesbediensteten ausgegeben, das gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen entwickelt wird, aber immer noch nicht einsetzbar ist. Zum Millionengrab droht wegen mangelhafter Wirtschaftsführung das brandenburgische Haupt- und Landgestüt in Neustadt (Dosse) zu werden.

Auch die regierungsamtliche Personalpolitik weist von der Aue zufolge Mängel auf. Trotz angespannter Haushaltslage würden gerade in den oberen Etagen der Verwaltung üppige Gehälter gezahlt. In Spitzenpositionen der Ministerialverwaltung würden ausnahmslos die Besoldungsstufe B 6 gewährt, obwohl sie lediglich als Ausnahme in Frage komme, betonte von der Aue. Ihr Stellvertreter Arnulf Hülsemann bezifferte die Mehrkosten pro Stelle auf 15 000 bis 20 000 Mark und warf der Regierung vor, dass sie "an der Spitze recht großzügig bewertet und ausschließlich im niedrig bezahlten Bereich Einsparungen vornimmt". Die Präsidentin verwies darauf, dass die Landesregierung statt 8000 Stellen bis 2005 nur noch 4000 Stellen im Landesdienst abbauen wolle. Damit habe sich die Landesregierung de facto von ihrem im Koalitionsvertrag festgelegten Stellenziel verabschiedet. Der Landesrechnungshof bezweifle, dass mit der verbliebenen Anzahl "die notwendige Rückführung der Personalausgaben erfolgen kann".

Von der Aue betonte, dass die Finanzlage des Landes "nicht zufriedenstellend" sei: Die Schulden des Landes seien auch 2000 weiter angestiegen und hätten sich auf rund 25 Milliarden Mark summiert. Für den Schuldendienst hätten bereits im letzten Jahr 1,3 Milliarden Mark aufgebracht werden müssen. Damit belasteten die Zinsen den Haushalt mit sieben Prozent bei weiter steigender Tendenz. Die Verschuldung des Landes betrage 25 Milliarden Mark oder 9623 Mark pro Einwohner. Von den anderen neuen Ländern liege nur Sachsen-Anhalt noch darüber. Zur Zeit flössen von einer Mark Steueraufkommen 14 Pfennige in die Zinszahlungen. Das Land müsse "dringend den Weg in die Verschuldungsfalle stoppen". Es reiche nicht aus, die Neuverschuldung wie geplant bis 2004 auf Null zurückzufahren, vielmehr müsse sich daran der Abbau des Schuldenberges anschließen.

Michael Mara

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