zum Hauptinhalt

Brandenburg: Finanzminister: Der Rechnungshof schreibt Unfug

Regierung ärgert sich über die Rüge, dass es für die Chipfabrik nie eine Erfolgsaussicht gegeben haben soll

Potsdam - Die ungewöhnlich scharfe Rüge des Brandenburger Landesrechnungshofs zur Millionenpleite der Chipfabrik in Frankfurt (Oder) verärgert die Landesregierung. Die Finanzkontrolleure werfen dem Kabinett wie berichtet vor, die 78 Millionen Euro für das Milliardenprojekt bewilligt zu haben, obwohl niemals eine realistische Aussicht für die vollständige Finanzierung der Fabrik bestanden habe. „Das ist schlichtweg Unfug. Wenn es so gewesen wäre, hätten wir die Bremsleine gezogen“, sagte gestern der heutige Finanzminister Rainer Speer (SPD), damals Chef der Staatskanzlei.

„Aus einer Rückwärtsbetrachtung kann man es immer leicht anders sehen“, kommentierte Speer die Anwürfe des Rechnungshofes: „Unter den Ärzten ist auch der Pathologe immer der Klügste.“

In dem jetzt veröffentlichten Jahresbericht, in dem das Kapitel über die Chipfabrik mit Abstand das längste und kritischste ist, heißt es unter anderem: „Die fehlenden Erfolgsaussichten“ des Projektes seien „nicht nur für die Entscheidungsträger, sondern allgemein für jeden objektiven Betrachter vorhersehbar“ gewesen. Allerdings wundert man sich im Kabinett, warum der Rechnungshof mit dieser Warnung während des langen Tauziehens um die Chipfabrik „nicht zu vernehmen war“.

Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) betonte, dass aus dem Fall Lehren gezogen worden seien. „Ein solches Vorhaben machen wir nicht wieder“, sagte Junghanns, dessen Ministerium am härtesten gerügt wurde. Zu den Vorhaltungen will Junghanns keine Stellung nehmen. „Ich will das erst gründlich prüfen.“

Wie berichtet, sieht der Rechnungshof bei der Bewilligung der Chipfabrik-Fördermittel Hinweise auf „Haushaltsuntreue“. Die Generalstaatsanwaltschaft prüft ein Ermittlungsverfahren. Haushaltsuntreue ist ein Straftatbestand, der die Verschleuderung von öffentlichen Geldern durch bewusste Verstöße gegen das Haushaltsrecht ahndet. Allerdings ist die Materie kompliziert, der Nachweis schwierig. Das letzte spektakuläre Verfahren hatte die Potsdamer Staatsanwaltschaft vor einigen Jahren wegen einer Förder-Affäre gegen Führungskräfte des Arbeits- und Sozialministeriums der damaligen Ministerin Regine Hildebrandt geführt, war jedoch vor dem Bundesgerichtshof gescheitert.

Abgesehen von der Chipfabrik haben Brandenburgs Rechnungsprüfer bei den Kontrollen weniger krasse Missstände aufgedeckt früher. Im Rechnungshof selbst heißt es dazu, in den Ministerien werde gründlicher gearbeitet – auch in Folge der strengen Kontrollen der Rechnungsprüfer. Finanzminister Speer hingegen erkennt dabei auch eine Kehrseite: Wenn einem Landes-Mitarbeiter immer gleich Rechnungshof und Staatsanwaltschaft drohen, warnt Speer, „entscheidet er gar nicht mehr.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false