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Finanzpolitik: Haushaltssperre wird in Zweifel gezogen

Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov hat mit seiner Haushaltssperre viele verärgert – auch die eigenen Genossen. Experten werfen ihm eklatante Rechenfehler vor.

Brandenburgs rot-rote Landesregierung hat erstmals interne Irritationen über die seit Juni herrschende und höchst umstrittene Haushaltssperre zugegeben. Im Kabinett seien am Dienstag „Missverständnisse“ ausgeräumt worden, „die zwischen den Häusern aufgetreten sind“, hieß es aus der Staatskanzlei. Wie berichtet, hatten zahlreiche ranghohe Mitarbeiter einzelner Ressorts die von Finanzminister Helmuth Markov (Linke) Anfang Juni – nur drei Wochen nach dem Landtagsbeschluss zum 10,5-Milliarden-Euro-Etat – verhängte Haushaltssperre in Zweifel gezogen. Ohne nähere Details ließ die Staatskanzlei nun wissen, die Sperre sei aus „Notwendigkeiten“ und „begründetem Anlass“ heraus verhängt worden.

Angesichts der Kritik aus dem Regierungsapparat an Markov sieht sich die Landesregierung aber „mit einer Situation konfrontiert“, die es bei früheren Etatsperren „so noch nicht gegeben hat“. Die Ministerialen liefern sich sogar über den regierungsinternen E-Mail-Verteiler heftige Wortgefechte über die Indiskretion im Regierungsapparat.

Tatsächlich konnte Markov, er ist der erste Linke-Finanzminister überhaupt und Vize-Regierungschef, bislang weder dem Landtag noch intern plausible Zahlen vorlegen. Nach seinen Rechnungen hatte sich bis Ende Mai wegen ausbleibender Zuwendungen von EU und Bund eine Lücke von 460 Millionen Euro aufgetan, die zum Jahresende auf ein Minus von 160 Millionen Euro hinausläuft. Den verdutzten Mitgliedern des Haushaltsausschusses hatte er erklärt: „Eine Prognose ist eine Prognose“ und „Haushaltstechnisch ist eine Mindereinnahme eine Mindereinnahme“. Experten anderer Ressorts werfen Markov dagegen eklatante Rechenfehler vor. Konkret soll der Finanzminister zu erwartende Zahlungen aus Brüssel auf die Monate heruntergerechnet und bei Nichteingang anteilig als Minus verrechnet haben, was andere Ressorts für unüblich halten. Zudem liegen bis auf das Haus von Sozialminister Günter Baaske (SPD) die meisten Ministerien, die nun ihre Halbjahresrechnung vorlegen mussten, im Plan. Die Opposition fordert ein Ende der Sperre und will sich auf einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses Mitte August die neuen Zahlen von Markov erklären lassen.

Schließlich reagierten einzelne Ministerien fast schon fatalistisch auf die Sperre und stoppten Förderprogramme etwa für Wirtschaft und Bau von Sportplätzen. Auch der Straßenbau ist betroffen, weil Brandenburg durch die Beschränkung EU-Gelder nicht kofinanzieren kann.

Markov hat sich indes in den Urlaub verabschiedet, für sein Vorgehen erhielt er aber die Rückdeckung des Regierungschefs. „Es gibt keinen Anlass, das anders zu sehen“, hieß es aus der Staatskanzlei. Zuvor hatte Markov noch mitgeteilt, nur 20,6 Millionen Euro an Investitionsgelder seinen gesperrt. Einzelne Ressorts waren nach dem Erlass von Anfang Juni von höheren Summen ausgegangen, wollen nun auf Grundlage der Mitteilung ihre Förderstopps überprüfen. „Der Finanzminister hat seine Vorgaben präzisiert. Wir werden das jetzt einarbeiten“, sagte Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD). Auch in der Linksfraktion ist die Unzufriedenheit mit Markov unüberhörbar, nicht nur wegen der fast schon „cholerischen Ausbrüche“ Markovs, sondern auch weil er als Vize-Regierungschef die anderen Linke-Minister angeblich nicht ausreichend koordiniert. Markov hat ein Kommunikationsproblem, „ihn versteht keiner“, sagen Abgeordnete. Es bringen sich sogar schon Nachfolger in Stellung.

Der Autoritätsverlust dürfte für den Minister in den nächsten Monaten zum Problem werden. CDU-Wirtschaftsexperte Dierk Homeyer: „Wenn das Haushaltsloch schon ein Markov’sches Geheimnis ist, wie will er dann die Chefgespräche für den Sparhaushalt 2011 führen?“

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