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Brandenburg: Freie Wähler wollen nun auch in den Landtag

Nach ihrem Erfolg bei der Kommunalwahl schließen sich unabhängige Gruppen zu Bündnissen zusammen

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Noch geben sich die großen Parteien gelassen. Gleichwohl verfolgen sie sehr aufmerksam die jüngsten Versuche von Bürgerinitiativen, für die Landtagswahl im September ein landesweites Bündnis zu schmieden. Unabhängige Wählergruppen waren schon bei den Kommunalwahlen im Herbst landesweit auf zusammen rund 17 Prozent der Stimmen gekommen. Nun hat sich am Wochenende in Diedersdorf (Teltow-Fläming) eine „Allianz unabhängiger Bürger“ (AUB) gegründet, die mit einer Landesliste und eigenen Wahlkreiskandidaten den Einzug ins Parlament erreichen will. Sie besteht aus rund 20 lokalen Bündnissen und ist ursprünglich von Gegnern des Schönefelder Flughafens ins Leben gerufen worden. Vorsitzender ist der Kommunalpolitiker und Arzt Lutz Dieckmann aus Wittenberge.

Es handelt sich bereits um die zweite Gründung einer Dachorganisation innerhalb kurzer Zeit. Eine Woche zuvor hatte sich in Groß Köris im Landkreis Dahme-Spreewald bereits eine „Allianz freier Wähler“ unter Vorsitz von Marianne Spring von der Frauenliste Cottbus gegründet. Zwar sind sich beide Dach-Organisationen einig in ihrer Ablehnung etablierter Parteien, von deren Vertrauenskrise sie bei der Landtagswahl profitieren wollen. Aber ein erster Versuch, mit einer gemeinsamen Liste bei der Landtagswahl anzutreten, war in den letzten Wochen an Satzungsquerelen gescheitert. Doch ist Dieckmann optimistisch, dass die Vereinigung noch gelingen wird. Zusammen hätten sie eine einmalige Chance, „gerade in Brandenburg, wo die Parteienverdrossenheit groß ist und mit Stolpe das Hofschranzentum Einzug hielt“. Politiker der etablierten Parteien fürchten denn auch, dass aus den derzeit „zwei konkurrierenden Bewegungen“ eine werden könnte, was ihre Chancen verbessern würde. „Wir beobachten das“, sagt CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek. Er schließt nicht aus, dass die Initiativen eine Landesliste zustande bekommen. Allerdings rechne er nicht damit, dass sie den Einzug in den Landtag schafften, jedenfalls nicht, solange sie zerstritten seien. Eine Fusion beurteilt der CDU-Politiker eher skeptisch: Beide Gruppen seien bunt zusammengewürfelt, von Windkraftgegnern bis zu Frauenverbänden sei alles dabei.

„Es gibt bisher kein Beispiel, dass ein landesweites Bürgerbündnis erfolgreich war“, erklärt SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness. Vom Erfolg bei den Kommunalwahlen könne man nicht auf die Landtagswahlen schließen. Hingegen warnt etwa PDS-Landeschef Ralf Christoffers davor, solche Bündnisse zu unterschätzen, erst recht, wenn sie landesweit agierten: Man müsse ernst nehmen, dass das Vertrauen in die Parteien abnehme. Doch bezweifelt auch Christoffers, dass die beiden neuen Initiativen in den Landtag einziehen werden. Dagegen sprächen auch Erfahrungen aus Bayern, so CDU-Generalsekretär Lunacek. Dort seien Bürgerinitiativen sehr stark und hätten bei den Kommunalwahlen gute Ergebnisse erzielt. Doch der Versuch unabhängiger Wählergemeinschaften, den Landtag zu erobern, sei „bislang immer gescheitert“. Dieckmann hingegen ist optimistisch, dass die Initiativen bei einer Fusion die Fünf-Prozent-Hürde überspringen könnten.

Der Berliner Parteienforscher Richard Stöss glaubt freilich, dass längst nicht alle, die bei den Kommunalwahlen unabhängige Gruppen wählten, das auch bei der Landtagswahl tun werden. Von solchen Wählern profitieren erfahrungsgemäß eher CDU und FDP als SPD oder Grüne.

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