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Fürstenwalde: Polizei legt sich mit Gericht an

Schon seit Jahren wehrt sich eine Familie aus dem brandenburgischen Rauen, ihr Haus an das Abwassernetz anzuschließen. Ein Gericht wies die Polizei nun an, die Arbeiten zwangsweise durchführen zu lassen. Doch das Präsidium weigert sich.

Der Fall grenzt an zivilen Ungehorsam – durch die Polizei. Das Präsidium Frankfurt (Oder) lehnt es ab, gegen eine Familie aus Rauen vorzugehen, die nicht an die Kanalisation angeschlossen werden will. Dafür lässt sich die Polizei sogar auf einen Streit vor Gericht ein. Wie Präsidiumssprecher Peter Salender am Donnerstag sagte, hat die Behörde gegen einen Beschluss des Frankfurter Verwaltungsgerichts Beschwerde eingelegt, der die Polizei zur „Vollzugshilfe“ beim Zwangsanschluss des Privatgrundstücks an die Kanalisation verpflichtete. Für den Fall der Weigerung hatte das Gericht dem Präsidium ein Zwangsgeld von 10 000 Euro angedroht. Damit erreichte der nun seit acht Jahren währende Streit um den Anschluss der Familie Plenzke ans Abwassernetz einen neuen, bizarren Höhepunkt. Die Familie betreibt auf ihrem Grundstück in Rauen eine biologische Kleinkläranlage und weigert sich trotz rechtskräftiger Bescheide, sich dem allgemeinen Anschlusszwang zu unterwerfen.

Zu Einzelheiten der Beschwerde wollte sich Salender wegen des laufenden Verfahrens nicht äußern. Doch es ist bekannt, dass die Polizei angesichts der verhärteten Fronten in dem „Abwasserkrieg“ zwischen dem Zweckverband Fürstenwalde und der Familie Plenzke vor allem auf Deeskalation und Vermittlung setzt. Sie hat für diese Linie auch die Rückendeckung des Potsdamer Innenministeriums, wie Innenstaatssekretär Hans-Jürgen Hohnen am Donnerstag im Innenausschuss des Landtages bekräftigte. „Natürlich gilt für die Polizei Recht und Gesetz. Aber bei der Wahl der Mittel zur Durchsetzung gibt es Ermessensspielräume“, erläuterte Sprecherin Dorothee Stacke. „Es geht um Augenmaß.“

Dagegen forderte die Chefin des Zweckverbands, Gisela Scheibe, erneut eine harte Gangart der Polizei: Diese habe, wie das Verwaltungsgericht ja bestätigte, „bisher nicht die richtigen zielführenden Mittel eingesetzt“. Der Zweckverband habe jedenfalls „acht Jahre lang die Erfahrung gesammelt, dass hier mit Verhandlungen nichts zu erreichen ist“. Scheibe verweist auf einen anderen Fall in Wendisch-Rietz, wo Ende April ein Grundstück unter Polizeischutz zwangsweise an die Kanalisation angeschlossen worden sei. „Da hat die Polizei richtig eingegriffen. Das ging früh um sieben los und nachmittags um drei war alles erledigt.“

Obwohl der Zweckverband in mehreren Gerichtsinstanzen Recht bekommen hat, ist sein rigoroses Vorgehen gegen die ungenehmigte Kleinkläranlage der Familie umstritten. Deren Abwässer würden nämlich in eine Kläranlage fließen, die bereits überlastet ist: Sie ist nur für 48 000 Haushalte ausgelegt, doch sind dort heute bereits 58 000 Haushalte angeschlossen. Und vor kurzem musste Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) auf eine Anfrage der Links-Fraktion zudem einräumen, dass diese Kläranlage gar keine wasserrechtliche Genehmigung habe. Die Verrieselung des gereinigten Abwassers auf Feldern nahe dem Naturschutzgebiet „Müggelspree“ sei eine „zeitweise, befristet geduldete“. Laut Verbandschefin Scheibe gibt es aber einen Vertrag mit den Umweltbehörden, wo „das Gleiche drinsteht wie in einer Genehmigung“.

Keine Sympathien im Land hat sich der Zweckverband Fürstenwalde auch mit einem von ihm erstrittenen Urteil des Oberverwaltungsgerichtes gemacht, demzufolge Inhaber von Abwasser-Altanschlüssen aus DDR-Zeiten auch nachträglich noch für nach 1990 errichtete Kläranlagen und Rohrnetze bezahlen müssen.

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