zum Hauptinhalt

Brandenburg: Gedenkstätten von Besucheransturm überwältigt

Immer mehr Gäste, aber immer weniger Mitarbeiter in den Museen von Sachsenhausen und Ravensbrück

Oranienburg – Das Interesse an den KZ-Gedenkstätten Sachsenhausen in Oranienburg und Ravensbrück in Fürstenberg wächst – und stellt das Personal zunehmend vor Probleme. Längst können nicht mehr alle Wünsche nach Führungen, Vorträgen und anderen Veranstaltungen erfüllt werden.

Rund 350 000 Menschen zählte die Gedenkstätte Sachsenhausen im Vorjahr. Das waren rund 50 000 Besucher mehr als im Jahr 2004. Die Zahl der Führungen stieg um mehr als 500 auf 2600 an. In Ravensbrück besichtigten fast 100 000 Gäste die Reste des größten deutschen Frauen-KZ. Gerade in Sachsenhausen seien die Museumsanlagen in den vergangenen Jahren ausgebaut worden, sagte Günter Morsch, der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, gestern in Oranienburg. „Allein zehn kleine und große Museen gibt es hier inzwischen. Aber unser Personalstamm hält leider den gewachsenen Aufgaben nicht stand.“ Im Vergleich zu 1990 seien zwar doppelt so viele Besucher gekommen, aber die Zahl der Mitarbeiter der vom Land Brandenburg und vom Bund getragenen Stiftung habe wegen fehlenden Geldes stark abgenommen. Wenn Angestellte aus dem Dienst ausscheiden, würden sie laut Morsch nicht wieder durch neue Mitarbeiter ersetzt. So sei in der zur Stiftung gehörenden Gedenkstätte im ehemaligen Zuchthaus Brandenburg (Havel) die Direktorenstelle schon seit längerer Zeit unbesetzt.

Günter Morsch kämpft seit Jahren um die stärkere Beachtung der authentischen Orte des qualvollen Sterbens, der Folter und des Terrors bei der Erinnerung an den Holocaust. Als ein Musterbeispiel betrachtet er die im Vorjahr eröffnete Neugestaltung der ehemaligen Vernichtungsstation „Z“ in Sachsenhausen. Die Architektur werde diesem Ort nun wieder besser gerecht. „Auch wenn sich einige Hundert Besucher gleichzeitig hier aufhalten, ist es still“, sagte der Direktor. „Die Menschen gehen fast auf Zehenspitzen, um den Erklärungen der Museumsführer zu folgen.“

Keine Auswirkungen erwartet die Stiftung von der bevorstehenden Eröffnung der Polizeifachschule in der Nachbarschaft der Gedenkstätte. Diese nutzt dafür das Gelände des früheren SS-Truppenlagers, in dem die Wachmannschaften des KZ untergebracht waren. „Nur wenn man die Gebäude nutzt, bleiben sie erhalten“, erklärte Morsch. Er bedauerte, dass die Pläne des Architekten Daniel Libeskind, das SS-Gelände teilweise zu bebauen und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, in der Stadt Oranienburg keine Mehrheit fanden. Mit dem Innenministerium sei abgesprochen worden, dass auf dem Gelände keine Schüsse zu hören sein sollen. Alle Polizeischüler beschäftigen sich im ersten Semester mit der KZ-Geschichte und der Rolle der Polizei in der NS-Diktatur.

Die Stiftung kann den künftigen Besuchern demnächst auch ihre neuesten Forschungsergebnisse präsentieren. Im Archiv des Russischen Geheimdienstes wurde das private Fotoalbum des ersten KZ-Kommandanten in Sachsenhausen entdeckt. Bisher gab es keine Bildquellen aus den Anfangsjahren des Lagers. Am 27. August wird eine Sonderausstellung zu dem Album eröffnet – mit Begleittexten von ehemaligen Häftlingen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false