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Brandenburg: Generalstaatsanwalt kritisiert Schönbohm

Rautenberg fordert einheitliche Regeln für V-Männer

Von Michael Mara

Potsdam. Eine „völlige Konfusion“ bei Politikern und bei Medien im Fall des enttarnten V-Manns Toni S. hat Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg festgestellt. Deshalb erneuerte er im Gespräch mit dem Tagesspiegel seinen Vorstoß, die Grenzen beim Einsatz von V-Leuten des Verfassungsschutzes bundeseinheitlich festzulegen. Toni S. hatte Straftaten begangen, die von unterschiedlichen Behörden unterschiedlich beurteilt wurden. Der „Grenzverlauf“ müsse klar sein, sagte Rautenberg. In einem Schreiben an seine Kollegen in den Ländern und den Generalbundesanwalt hatte er zuvor „erhebliche Bedenken“ gegen die Auffassung von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) angemeldet, dass V-Leute Straftaten in begrenztem Umfang begehen dürften, um Hintermänner aufzudecken. Aus der CDU war Rautenberg darauf hin zur Mäßigung aufgefordert worden.

Rautenberg sagte dem Tagesspiegel, es gehe ihm nicht darum, Schönbohm in Bedrängnis zu bringen. Als Generalstaatsanwalt könne er „eine zweifelhafte Rechtsauffassung“ jedoch nicht einfach übersehen. „Ich will Rechtsklarheit in meinem Einflussbereich.“ Es müsse auch möglich sein, eine strittige Rechtsauffassung öffentlich zu diskutieren. Aus dem Strafgesetzbuch ergebe sich, dass „niemand verfassungswidrige oder volksverhetzende Schriften oder CDs in der Öffentlichkeit verteilen darf". Das gelte auch für den Verfassungsschutz. Die Grenze sei überschritten, wenn der Verfassungsschutz zur Begehung von Straftaten beitrage. Im Fall des Toni S. hatte der Verfassungsschutz laut Schönbohm „in einem Fall zugestimmt, dass er sich am Vertrieb von CDs beteiligen konnte, um an Hintermänner heranzukommen". Auf den neonazistischen Musik-CDs wird zum Mord an Prominenten aufgerufen – darunter auch Rautenberg.

Das Innenministerium beruft sich auf eine Ausnahmeklausel im Strafgesetzbuch, die aber nach Ansicht von Erardo Rautenberg nicht das Verbreiten volksverhetzender Schriften oder Tonträger in der rechtsextremistischen Szene betrifft. Sie gelte, wenn etwa NS-Material zu Aufklärungszwecken in Schulbüchern wiedergegeben werde oder für den Austausch zwischen Behörden. Der Verfassungsschutz könne das Verteilen volksverhetzender Materialien auch nicht „erlauben“, weil sich dessen Angehörige „sonst selbst der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen würden". Dies ist offenbar auch die Ansicht der Berliner Staatsanwaltschaft, die gegen den V-Mann-Führer von Toni S. ermittelt. Rautenberg wies darauf hin, dass das Landesverfassungsschutzgesetz V-Leuten Straftaten ausdrücklich verbiete. Auch die im Gesetz erwähnt Dienstvorschrift dürfe Straftaten nicht erlauben. Im Fall Toni S. war die aber ohnehin nicht ausgestellt worden.

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