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Brandenburg: Gerettete Legende

Der mittelalterliche Achatius-Altar in Kyritz wurde mit Mitteln der Tagesspiegel-Stiftung restauriert

Von Matthias Matern

Kyritz - Geblendet, gesteinigt und aufgespießt wurden der Legende nach die treuen Gefolgsleute des Achatius. „Eine ziemlich schaurige Geschichte“, findet Superintendent Joachim Harder und zeigt mit einem uralten Schlüssel auf den geschnitzten Schrecken in der Kyritzer St. Marienkirche. Auf zwölf Holztafeln hat ein unbekannter Künstler aus dem Mittelalter einst die antike Sage um den Märtyrertod des römischen Offiziers und seiner 10 000 Soldaten gruselig dargestellt.

Eine schrecklich schöne Arbeit von kunsthistorischer Bedeutung mit einer äußerst bewegten Vergangenheit. Seit rund einem Monat ist der wohl einzige sogenannte Achatius-Altar Nordostdeutschlands nach ersten Restaurierungsarbeiten wieder in Kyritz (Ostprignitz-Ruppin) zu bewundern.

„Eine Seltenheit ist der Altar vor allem aufgrund seines hohen Alters und des Themas“, meint Superintendent Joachim Harder. Achatius sei einer der 14 Nothelfer der katholischen Kirche und werde vor allem in Süddeutschland bei Todesangst und zum Schutz vor bösen Krankheiten angerufen. Hergestellt worden sei der Altar vermutlich im 14. oder 15. Jahrhundert, glaubt Harder. „Der Stil ist eindeutig gotisch.“ Wer aber das zwölfteilige Schnitzwerk angefertigt hat und wo es herkommt, bleibe hingegen rätselhaft. „Vielleicht hat ihn ja ein fahrender Prediger oder Mönch mit in die Region gebracht.“

Aus der Vergessenheit aufgetaucht ist die religiöse Bildergeschichte aus Holz allerdings erst in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Beim Abriss der Kirche in Brüsenhagen stieß man auf die zwölf Tafeln und deponierte sie kurzerhand für mehrere Jahre auf einem Heuboden in Kolrep in der Prignitz. 1979 holte dann Harders Vorgänger, Superintendent Friedrich Brust, das Kleinod nach Kyritz und stellte es im ehemaligen Brauteingang der St. Marienkirche auf. „In einem beklagenswerten Zustand“, weiß Harder zu berichten. Zumindest zwei Mal sei der Altar dick mit neuer Farbe überpinselt worden.

Dass die Holzarbeit heute wieder mehr oder weniger in ihrer ursprünglichen Bemalung zu sehen ist, verdanken die Kyritzer ebenfalls dem Engagement ihres ehemaligen Superintendenten. Brust bemühte sich um Mittel für erste Restaurierungsarbeiten. Mit Hilfe der Pressestiftung des Tagesspiegels konnten in Berlin die nachträglich aufgebrachten Farbschichten abgetragen und sogar an einigen Stellen die reichhaltige Blattvergoldung freigelegt werden. Anderthalb Tafeln konnten noch nicht bearbeitet werden. Insgesamt schätzt Harder die verbleibenden Kosten auf rund 100 000 Euro. Die Stadt und einige Geschäftsleute hätten bereits Unterstützung signalisiert.

Sehenswert sei der Achatius-Altar aber auch in seinem jetzigen Zustand, versichert der Kyritzer Kirchenmann. Aufgrund seiner Einzigartigkeit hält ihn Harder für einen bedeutenden Tourismusmagneten.

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