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Brandenburg: Gipfeltreffen hinter Schloss und Riegel

Das Bundeskabinett tagt ab Montag zwei Tage lang in Genshagen Die Leute nehmen das gelassen. Nur gegen den Großflughafen protestieren sie

Genshagen – Der kleine Ort Genshagen hat sich auf seine Weise für die zweitägige Klausurtagung der Bundesregierung geschmückt. An jedem Laternenmast und Zaunpfahl hängen kleine gelbe Schilder mit einer eindeutigen Botschaft: „Nein! Großflughafen Schönefeld“. Vor allem vor dem Schloss, in dem heute und morgen das Bundeskabinett ein so genanntes Wachstumspaket für die Wirtschaft schnüren will, waren die Plakatkleber fleißig. „Die sollen ruhig wissen, wie wir denken“, sagt ein älterer Mann vom Haus gegenüber dem seit Sonnabend abgesperrten Gelände mit Schloss und Park. „Wenn der große Flugplatz kommt, ist es mit der Ruhe vorbei.“ Dennoch plant die sonst so rührige Bürgerbewegung gegen den neuen Airport in Schönefeld keine Protestkundgebung.

Man wisse, dass das Schicksal jetzt allein von Bundesverwaltungsgericht in Leipzig abhängt, hieß es bei der im nahen Mahlow ansässigen Zentrale der Widerständler. Ortsbürgermeister Gottfried Schindler erwartet ebenfalls keine Störung des Treffens aller Minister durch Demonstranten. Das 1400 Einwohner zählende Genshagen habe im Vergleich zu anderen Regionen keine nennenswerten Gründe zur Klage. Dank der vielen Gewerbegebiete seien verhältnisweise wenige Menschen arbeitslos. Das neue Wohngebiet mit Einfamilien- und Reihenhäusern füllt die Steuerkasse der Gemeinde.

Die Begrüßung der Gäste, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, nimmt Schindlers Amtskollege aus dem nahen Ludwigsfelde vor, zu dem das Dorf gehört. „Eine einzige Minute erlaubt mir das Protokoll“, stöhnt Heinrich Scholl, der für eher ausschweifende Beiträge bekannt ist. Er wolle sich auf lobende Ausführungen über Ludwigsfelde beschränken – in vier Sätzen. Etwas mehr Zeit bekam der Hausherr des Schlosses, Rudolf von Thadden, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Schloss Genshagen. Diese wird von der Bundesregierung und dem Land Brandenburg getragen und ging aus dem Berlin-Brandenburgischen Institut für deutsch-französische Zusammenarbeit hervor. Das Institut hat das einst als Hochzeitsgeschenk für seine Tochter vom Königlich-Preußischen Geheimen Rath Carl Ferdinand Schulze zwischen 1878 und 1880 erbaute Schloss nach der Wende aus dem Dornröschenschlaf geweckt.

Zu DDR-Zeiten als Landwirtschaftsschule genutzt, drohte das Schmuckstück zu verfallen. So ist es auch kein großes Wunder, dass in Genshagen heute nahezu jeder Einwohner den Namen einer Französin mit großem Respekt und erstaunlicher Exaktheit ausspricht. Brigitte Sauzay, Dolmetscherin deutsch-französischer Gipfeltreffen und Kämpferin für die Freundschaft beider Länder, hatte dem kleinen Ort mit dem Institut und seinen Gästen internationales Flair verliehen. Vor zwei Jahren starb sie, ist aber unvergessen.

„Das hätte niemand gedacht, dass sich hier einmal die Prominenz treffen würde“, meint Institutsgeschäftsführer Dieter Rehwinkel. Er brachte gestern einen Zettel an, dass der Park wegen der Klausurtagung für drei Tage geschlossen bleibt. Die Genshagener nehmen den Trubel gelassen hin.

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