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Brandenburg: Go East!

Thorsten Metzner sieht Chancen für Brandenburger Firmen in Russland ANGEMARKT Ist ein Gang nach Russland für Brandenburger Firmen nicht russisches Roulette? Die Frage stellt sich, weil der gerade von einer Wirtschaftsreise aus Moskau zurückgekehrte Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) derzeit eine Korrektur der „Außenpolitik“ des Landes betreibt.

Thorsten Metzner sieht Chancen für Brandenburger Firmen in Russland

ANGEMARKT

Ist ein Gang nach Russland für Brandenburger Firmen nicht russisches Roulette? Die Frage stellt sich, weil der gerade von einer Wirtschaftsreise aus Moskau zurückgekehrte Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) derzeit eine Korrektur der „Außenpolitik“ des Landes betreibt. Danach will sich Brandenburg in seinen Außenwirtschaftsbeziehungen künftig unter anderem auf Russland konzentrieren. Doch ist das die richtige Stoßrichtung für den typisch märkischen Kleinbetrieb aus der Provinz? Ist die Wiederentdeckung Russlands – zugleich wurde die Außenhandelsplattform in den USA geschlossen – wirklich eine gute Strategie für das wirtschaftlich und finanziell schwache Land? Oder drohen eher neue Pleiten, diesmal in der Fremde? Die Russland-Skepsis, die in der Brandenburger Unternehmerschaft verbreitet ist, hat ja gute Gründe: Sie liegen nicht nur in hiesiger Bodenständigkeit, nicht nur an den juristischen, sprachlichen, bürokratischen Barrieren für Russland-Geschäfte – sondern an den Realitäten seit 1990. In Politiker- reden wurde zwar oft die Rolle Ostdeutschlands, besonders der Hauptstadtregion, als Ost-West-Drehscheibe beschworen. Die Realität sah und sieht anders aus. Mit dem Fall der Mauer fielen in der Ex-DDR auch die Absatzmärkte in der Sowjetunion weg, dem einst wichtigsten Handelspartner.

Diese später wieder oder neu zu erschließen, gelang nur selten. Dass Russland nur Platz 12 der Brandenburger Exportländer belegt, spricht Bände. Aber die Gründe dafür haben sich grundlegend verändert – das ist die überraschende neue Perspektive für Brandenburger Firmen. Scheiterten Geschäfte in der Vergangenheit vor allem an der Krise Russlands, bremst heute Deutschlands Schwäche. Die Zeiten sind vorbei, in denen man mitleidig auf das postsowjetische „Entwicklungsland“ herabblicken konnte: Während Deutschland stagniert, wächst dort die Wirtschaft wieder – und das nirgends rasanter als in der 10-Millionen-Metropole Moskau und ihrem Umland, das seit 10 Jahren Partnerregion Brandenburgs ist. Im Gegensatz zum schwächelnden Berlin-Brandenburg gehört der Moskauer Raum zu den dynamischsten Regionen der Welt. Bei allen Unwägbarkeiten der Politik, der bitteren Armut in weiten Teilen Russlands, haarsträubenden Defiziten in Demokratie und Medienfreiheit – in der russischen Marktwirtschaft ist offensichtlich der Knoten geplatzt. Ausländische Unternehmen investieren und verdienen, die Wachstumsraten sind seit Jahren stabil.

Es sieht also ganz so aus, als ob die Chancen Brandenburger Firmen für Russland-Kooperationen noch nie seit 1990 so gut standen wie jetzt. Gewiss, kein Erfolg ohne unternehmerisches Risiko; Russland bleibt ein Abenteuer. Um hier Geschäfte zu machen, braucht man langen Atem, die Politik als Türöffner, die finanzielle Kraft, um vor Ort präsent zu sein. Aber vielleicht kann jetzt, wo Russland erstarkt, Ostdeutschland zum ersten Mal wirklich seinen Bonus ausspielen, der aus früheren Russland-Erfahrungen von Ostdeutschen wie Studien, Arbeit, Besuchen, Praktika und Sprachkenntnissen rührt. Insofern ist Platzecks Strategie richtig. Doch klar ist auch, dass die alte DDR-Karte nicht mehr lange stechen wird. Wenn Brandenburg langfristig von Russlands Aufbruch profitieren will, muss mehr passieren, als auf die frühere „Deutsch- Sowjetische Freundschaft“ zu setzen. Warum wird so wenig Russisch gelehrt an Brandenburgs Schulen?

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