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© www.rainer-weisflog.de

Goyatz: Lausitzer sind noch nicht im Ölrausch

Die Suche nach dem Bodenschatz stößt in der Region auf Skepsis – doch die Investoren reden von kleinen Pumpen und minimalen Belastungen.

Von Sandra Dassler

„Erdöl? Hier bei uns?“ Die beiden jungen Frauen, die am Donnerstagabend ihre Beine vom Bootssteg in den Schwielochsee baumeln lassen, kichern albern: „Öl wie bei Dallas? Nee, das glauben wir nicht.“

Ein paar Minuten später und ein paar hundert Meter weiter erläutert ein agiler graumelierter Herr, warum er hier in Goyatz, 50 Kilometer südwestlich von Frankfurt (Oder), nach Erdöl sucht. „Es ist da“, ruft er seinem Publikum zu. „Im Gegensatz zu anderen Schatzsuchern wissen wir aus Untersuchungen zu DDR-Zeit, dass es den Schatz gibt. Die Frage ist nur, wo genau er liegt, wie groß er ist und ob es sich lohnt, ihn zu heben.“

Der Mann heißt Jacobus F. Bouwman und stammt aus Holland, was man ihm noch ein wenig anhört. Er ist Mitglied der Geschäftsführung von Central European Petroleum GmbH (CEP), einer Firma, die - wie berichtet - Lizenzrechte zur Erkundung von Erdöl-Lagerstätten in der Niederlausitz erhalten hat. Schon in den nächsten Wochen will Bouwman mit geophysikalischen Messungen beginnen.

Deshalb hat er an diesem Abend die Einwohner von Goyatz in die „Hafenterrasse“ eingeladen. Das Gasthaus ist angenehm kühl und liegt direkt am Schwielochsee. Kleine Boote schaukeln am Ufer, die Getränke sind frei, auch das Essen – und trotzdem sind nur etwa zwei Dutzend Goyatzer Bürger gekommen.

„Viele wussten gar nichts davon und anderen ist es wohl zu heiß heute“, sagt Karl Müller. Er ist mit seiner Frau Ingeborg hier. Die beiden Rentner besitzen ein Wochenendhaus in Goyatz und befürchten, dass es mit der Erdölförderung „laut und dreckig“ wird. Bouwman kennt solche Ängste: „Die Förderung macht fast keinen Dreck“, verspricht er. „Die Mengen sind so gering, dass wir am Tag vielleicht drei Lkws brauchen, um das Öl abzutransportieren.“

Für die Erkundungsarbeiten gelte das gleiche. Auf einer Fläche von 18 000 Quadratkilometern zwischen Lübben im Norden und Jänschwalde im Süden würden zwanzig Messlinien mit je acht bis zehn Kilometern Länge untersucht – mit Hilfe sogenannter Vibratoren. „Das sind sehr schwere Lkws, die entlang der Linien fahren, alle 75 Meter anhalten und den Boden in Schwingungen versetzen“, sagt Bouwman und erteilt einem Mitarbeiter vom Landesbergamt das Wort, der bestätigt, dass alles mit den Behörden abgestimmt ist. Dann dürfen die Zuhörer fragen.

Ein Erdkundelehrer möchte wissen, ob seine Schüler bei den Erkundungsarbeiten zuschauen dürfen. „Selbstverständlich“, sagt Bouwman.

„Warum nehmen Sie keine Arbeitskräfte aus der Region“, fragt ein Mann. „Wir sind schon wegen der Sicherheit auf geschulte Experten angewiesen“, antwortet Bouwman. Im Gegensatz zu vielen Investoren, die sich hier schon vorgestellt haben, verspricht er keine oder nur wenige Arbeitsplätze. „Die Region profitiert trotzdem“, sagt er. „Schon während der Erkundungen müssen unsere Leute essen, trinken, tanken und irgendwo schlafen. Da bleibt mindestens eine halbe Million hier. Außerdem gibt es ja – falls wir Erdöl fördern – die Konzessionsabgabe.“

Die Zuhörer, darunter viele Bürgermeister umliegender Gemeinden, lachen: „Ja, aber die kriegt das Land und nicht wir“, ruft einer. Jetzt schaltet sich der stellvertretende Landrat von Dahme-Spreewald ein: „Ich kann nicht verstehen, warum hier immer so viel gemeckert wird“, tadelt Carl-Heinz Klinkmüller (CDU). „Wir sollten doch froh sein, wenn Männer wie Herr Bouwman in der Region tätig werden.“

Manche Zuhörer nicken, andere bleiben misstrauisch: „Kann man mit Ihren Untersuchungen auch andere Sachen erkunden?“, fragt ein Goyatzer. „Braunkohle zum Beispiel oder Möglichkeiten für CO2-Lagerstätten? Und wie groß werden die Pumpen überhaupt sein?“

„Wir werden nichts anderes erkunden“, sagt Bouwman und zeigt eine Bildmontage: Eine Erdölpumpe steht winzig klein vor einem riesigen Windrad. Damit habe Bouwman die größte Angst der Leute ausgeräumt, sagt Wolfgang Gliese, der ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde Schwielochsee, zu der Goyatz gehört. „Wir setzen hier erfolgreich auf Tourismus und haben gerade einen riesigen Windpark an einer Stelle verhindert, wo Touristen abgeschreckt würden.“

Der Bürgermeister seufzt: „Ob Braunkohle, Windräder oder Öl – die Menschen hier haben die Erfahrungen gemacht, dass sie die Belastungen tragen und die Gewinne andere einstecken.“ Aber so schlimm, das habe er an diesem Abend erfahren, sei das ja mit den Belastungen beim Erdöl nicht.

Auch Karl und Ingeborg Müller sind beruhigt. „In den nächsten Jahren wird es – zumindest wegen des Öls – keinen Dreck geben“, freuen sie sich. Und genießen das Buffet.Sandra Dassler

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