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Graffiti Beseitigung

© dpa

Graffiti: Keine große Kunst

Vermieter müssen für die Beseitigung von Graffiti meist selbst aufkommen. Der Mieter hingegen hat ein Recht auf den "vertragsmäßigen Gebrauch" der Wohnung, in manchen Fällen ist sogar eine Mietminderung möglich.

Können Graffiti Kunst sein? Es kann, wenn man Aktionskunst macht und Bansky heißt. Bei Versteigerungen erreichen die Werke des Straßenkünstlers aus England beträchtliche Summen. Für seine Mona Lisa mit Smiley Gesicht zum Beispiel zahlte ein Sammler 87.000 Euro. Aber gesprühte Krakeleien an Fassaden betrachten wohl die meisten Menschen nicht als Kunst. Sie erinnern sie dagegen eher an kostspielige Renovierungsarbeiten. Doch: Wer kommt eigentlich für die Handwerkerrechnung auf?

„Vermieter müssen Graffitischäden auf jeden Fall beseitigen“, fordert Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins. Auch die Berliner Gerichte urteilen meist zugunsten der Mieter. So wie im Jahre 2006 bei einem Haus in Charlottenburg, dessen gesamte Fassadenfläche im Erdgeschoss mit Graffiti bedeckt war. Ein Mieter ärgerte sich vor allem über die Kritzeleien im Hauseingang. Als er seinen Vermieter aufforderte, die Graffiti zu übermalen, weigerte sich die Hausverwaltung. Daraufhin zog der Mieter vor Gericht. Das Amtsgericht Charlottenburg gab dem Kläger Recht.

Es liege ein Mangel der Mietsache vor, urteilte der Richter. Der Mieter habe einen Anspruch darauf, dass der Vermieter die Bemalungen entfernen lässt. Nach dem Mietrecht muss der Vermieter nämlich für den „vertragsgemäßen Gebrauch“ einer Wohnung sorgen. Auch der Zustand eines Hauses gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch. Wobei jedoch, heißt es im Urteil, Zweck und Preis der gemieteten Räume sowie der Zustand bei der Anmietung zu berücksichtigen sind.

In manchen Fällen Mitminderung möglich

Daraus könnte man schließen, dass Graffiti an Kreuzberger Häuserwänden eher hinzunehmen sind als in Wilmersdorf oder Zehlendorf. Aber vor einigen Monaten entschied das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, dass in bestimmten Fällen auch Kreuzberger Vermieter besprühte Wände reinigen müssen. In dem Kreuzberger Fall war der klagende Mieter in eine große Wohnanlage gezogen, die sauber und gepflegt erschien. Wochen später war jedoch die Klingelanlage und der Hauseingang völlig mit Graffiti beschmiert. Der Vermieter wollte nichts dagegen tun. Seine Begründung: Die ganze Nachbarschaft sei doch voller Graffiti, außerdem könne man ihn für die Tat nicht verantwortlich machen.   Das Gericht sah aber im Ausmaß der Schmierereien das „ortsübliche Maß“ überschritten. Dass der Vermieter nichts für die Schäden könne, sei bedeutungslos, weil auf jeden Fall ein Mangel an der Mietsache vorliege. In solchen Fällen ist auch Mietminderung grundsätzlich möglich. „Das kann sich aber höchstens im ein- oder zwei Prozentbereich bewegen, wenn in der Wohnung sonst alles in Ordnung ist“, erklärt Hartmann Vetter vom Mieterverein.

Vermieter sind also im allgemeinen verpflichtet, beschmierte Wände zu säubern. Ob die Reinigungskosten teilweise auf die Mieter umgelegt werden dürfen – dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. „Die Kosten trägt der Vermieter, denn er hat die Pflicht, die vermietete Sache instand zu halten“, sagt Vetter. Instandhaltung bedeutet, die Fehler und Schäden zu beseitigen, die den Gebrauch einer Mietsache beeinträchtigen oder unmöglich macht. Also dann, wenn das Fenster klemmt, der Abfluss verstopft ist oder die Beleuchtung im Treppenhaus versagt. Einige Hauseigentümer zählen Graffiti nicht dazu. „Graffiti sind Verschmutzungen und die Kosten für die Reinigung gehören zu den Betriebskosten, die auf die Mieter umlegbar sind“, sagt David Eberhart, Sprecher des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), zu dem große Wohnungsunternehmen gehören wie die Degewo, die Gesobau und die GSW.

Beseitigung von Graffiti gilt meistens als Instandsetzung

Eberhart stützt sich auf ein Urteil des Amtsgerichts Mitte. Ende November vergangenen Jahres hatte das Gericht entschieden: Sonderreinigungen von Farbschmierereien sind umlagefähig, wenn sie laufend oder regelmäßig erforderlich sind und der Verursacher nicht feststellbar ist. Für Vetter ist das Urteil nicht akzeptabel: „Das ist eine Vergewaltigung der mietrechtlichen Bestimmungen.“ Aber die Entscheidung aus Berlin-Mitte ist eine Ausnahme: Andere Berliner Gerichte betrachten die Beseitigung von Graffiti nach wie vor als Instandsetzung.

Jenseits der Rechtsprechung versuchen es manche Hausverwaltungen mit Tricks. Die Beseitigung von Graffiti werde in einigen Fällen unter dem Posten für Gebäude-Reinigung in der Betriebskosten-Abrechnung versteckt, sagt Hartmann Vetter. Der Mieter kann dies aber nur erkennen, wenn er sich die Mühe macht, alle Unterlagen der Abrechnung zu prüfen.

Angelika Friedl

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