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Brandenburg: Gutachterstreit im Prozess um Großflughafen Richter und Klägeranwalt geraten aneinander

Leipzig – Mit harten Bandagen gekämpft, aber in der Sache nicht viel weitergekommen: Gestern kam es bei der Verhandlung um den geplanten Ausbau des Flughafens Schönefeld vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zum ersten heftigen Disput zwischen dem Vorsitzenden Richter und einem der Klägeranwälte. Fast wäre es zu einem Befangenheitsantrag gegen einen oder alle Richter gekommen.

Leipzig – Mit harten Bandagen gekämpft, aber in der Sache nicht viel weitergekommen: Gestern kam es bei der Verhandlung um den geplanten Ausbau des Flughafens Schönefeld vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zum ersten heftigen Disput zwischen dem Vorsitzenden Richter und einem der Klägeranwälte. Fast wäre es zu einem Befangenheitsantrag gegen einen oder alle Richter gekommen. Die Kläger verzichten dann aber auf das Stellen des Antrages, und die Verhandlung wurde fortgesetzt.

Eigentlich sollte gestern geklärt werden, wie laut es nachts am Ohr eines Schlafenden werden darf, der in der Schutzzone am Flughafen lebt. Daraus entstand dann ein Gutachterstreit. Die Kläger hatten gehofft, durch neue Gutachten beweisen zu können, dass die Studien, auf denen sich der Genehmigungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens durch das Brandenburger Infrastrukturministerium bezieht, wissenschaftlich falsch sind. Damit wäre dann wahrscheinlich das gesamte Verfahren gekippt.

Unter anderem sind bei den zugrunde gelegten wissenschaftlichen Experimenten zur Lärmwirkungsforschung nur wenige Männer bis zum Alter von höchstens 55 Jahren untersucht worden. Frauen und Kinder wurden nicht berücksichtigt. Die Klägeranwälte forderten hier eine repräsentative Untersuchung. Zudem warfen sie den Verfassern der bisher allgemein anerkannten Studie vor, neuere Untersuchungen nicht berücksichtigt zu haben. Somit sei die Studie mehr oder weniger die Ansicht von vier Hochschullehrern.

Die Gegenseite wies alle Vorwürfe zurück. Bei der Lärmwirkungsforschung sei es unmöglich, die Durchschnittsbevölkerung mit allen Varianten zu untersuchen, sagte einer der Verfasser der Studie, auf die sich die Planfeststellungsbehörde berufen hatte. Nachdem das Gericht den mit großen Hoffnungen der Anwohner verbundenen Antrag der Klägeranwälte abgelehnt hatte, weitere Gutachter zu hören, zog Wolfgang Baumann, einer der Klägeranwälte, in Betracht, einen Befangenheitsantrag zu stellen. Nach einer kurzen Beratungspause verzichtete er dann aber darauf. Das Gericht hat bisher alle der so genannten Beweisanträge, die die Klägerseite gestellt hat, abgelehnt. Immer mit der Begründung, es gebe genügend schriftliches Material dazu oder die Anträge seien nicht entscheidungsrelevant. Auch gestern begründete der Vorsitzende Richter Stefan Paetow die Ablehnung des Antrags, weitere Gutachten einzuholen, mit dem umfangreich vorliegenden schriftlichen Material, das mehr als zehntausend Seiten umfasse.

Schon vorher war es zu einem Disput zwischen Paetow und Baumann gekommen, weil der Richter forderte, die Verhandlung nicht durch einen Wissenschaftlerstreit in die Länge zu ziehen, womit sich Baumann nicht abfinden wollte. Das Gericht nehme das Thema Lärm sehr ernst, so Paetow, es gebe aber „noch viele andere schwierige Fragen“. Trotzdem setzte sich der Gutachterstreit auch bei der Diskussion über den Lärm tagsüber fort. Bisher hat das Gericht sechs Verhandlungstage angesetzt.

Gestern Abend gab der Vorsitzende Richter bekannt, dass das Verfahren um mindestens drei Tage verlängert wird – verhandelt wird in der nächsten Woche. Den Beschluss zum Verfahren will das Gericht dann in einigen Wochen verkünden.

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