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Brandenburg: Havelfelder werden für den Hochwasserschutz geflutet Anrainer empört über Regierungspläne / Sprengung von Dämmen in der Diskussion

Von Michael Mara und Thorsten Metzner Potsdam. Trotz Widerstandes bei den Betroffenen werden Teile des Havellandes zur Entlastung der Situation an der Elbe überflutet.

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Trotz Widerstandes bei den Betroffenen werden Teile des Havellandes zur Entlastung der Situation an der Elbe überflutet. Das Kabinett gab gestern grünes Licht, dass ab 18 Uhr die Wehre Quitzöbel/Neuwerben an der Mündung in die Elbe geöffnet werden. Es wird davon ausgegangen, dass dadurch rund 140 Millionen Kubimeter Elbwasser ins Havelland abfließen können und der Scheitelpunkt des Hochwassers um 15 bis 20 Zentimeter sinkt. Auch Sachsen-Anhalt und Niedersachsen hatten Brandenburg zu diesem Schritt gedrängt. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und Umweltminister Wolfgang Birthler (SPD) flogen am Abend mit dem Hubschrauber nach Rathenow, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Auch Sprengungen von Haveldeichen wurden gestern im Krisenstab erwogen.

Von der Flutung sind 1000 Einwohner in fünf Orten direkt an der Havel betroffen. Zwar gehen Experten davon aus, dass nur die Keller vollaufen könnten, doch fürchtet man Überschwemmungen größeren Ausmaßes. „Niemand kann sagen, wie viel Wasser tatsächlich kommt“, sagt Michael Mirschel, Einsatzleiter im Amt Rhinow. Er kritisierte die „Entscheidung am grünen Tisch". Es gebe dafür kein Verständnis, weil die Entlastung der Elbe „nur ein paar Zentimeter“ betrage. Vorsorglich habe man begonnen, den Sommerdeich zu erhöhen. „Wenn dieser überflutet würde, könnten weitere Teile des Havellandes überschwemmt werden.“

Dieter Dombrowski, Umweltexperte der CDU und Landtagsabgeordneter des Havelland-Kreises, verteidigte die Strategie: „Die Polderflächen sind dafür da, damit sie bei Bedarf unter Wasser gesetzt werden.“

Eine Krisensitzung jagte gestern die andere. Für die Flutung hatte sich der länderübergreifende Expertenstab von Brandenburg und Sachsen-Anhalt ausgesprochen, doch hatte sich Ministerpräsident Matthias Platzeck wegen der Brisanz eine politische Entscheidung vorbehalten.

Nach der Öffnung der Wehrgruppe Quitzöbel/Neuwerben an der Havelmündung soll folgendes Szenario ablaufen: Da die Elbe deutlich höher steht, ergießt sich das Hochwasser mit hoher Geschwindigkeit in die Havel. „Sie strömt rückwärts“, sagte der Chef des Landesumweltamtes, Matthias Freude. Weil der Pegel der Havel schnell ansteigt, muss das eindringende Elbwasser in die hinter den Deichen liegenden Polderflächen abgeleitet werden, die für Hochwasser vorgesehen sind. Weil es aber Das Problem: Es gibt nur zwei Einlassbauwerke, die gezogen werden können. Deshalb müssen zusätzliche Einlaufstellen durch Abbaggern oder Sprengung der Deiche geschaffen werden. Große Wassermengen fließen dann in die Polder.

Das Landesumweltamt rechnet nicht damit, dass es höher als 1,50 Meter steigen wird. Laut Freude können trotzdem Orte betroffen sein, die an der Havel vor dem Einlauf des Wassers in die Polder liegen, sowie Orte unmittelbar an den Sommerdeichen hinter den Poldern. Nach Auffassung des Landratsamtes ist eine Sprengung von Deichen überflüssig und zu teurer. 50 Meter Deich kosteten eine Million Euro. „Wer eine Sprengung veranlasst, muss auch bezahlen“, hieß es.

Auch in Berlin werden Schleusen geöffnet. Die durch die Wehröffnung bei Quitzöbel belastete Havel kann dann besser in Spree und Oberhavel abfließen und in den Flussbetten der Stadt gespeichert werden. Das entlaste den Mündungsbereich der Havel deutlich, sagte die Sprecherin der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

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