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Brandenburg: Heiteres Minister-Vereidigen in der Landeshauptstadt

Von Michael Mara und Thorsten Metzner Potsdam. Darf so die Vereidigung von Ministern ablaufen?

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Darf so die Vereidigung von Ministern ablaufen? Es ist kurz nach neun Uhr, die Stimmung im Plenarsaal des Landtages ist heiter wie selten: Jörg Schönbohm und Alwin Ziel haben ihren Amtseid geschworen, Landtagspräsident Herbert Knoblich ruft mit sonorer Stimme nacheinander die alten, neuen Minister zum Schwur – und die PDS-Abgeordneten quittieren vor laufenden Kameras jeden n mit einem langgezogenen „Aaaaaaah“ und „Oooooh“. Begeisterungsseufzer wie beim Feuerwerk. Nicht nur im Bundesrat, auch im Provinzparlament wird manchmal Theater gespielt.

Doch als auch die ersten SPD- und CDU-Abgeordneten in den ironischen Chor einstimmen, greift der gelernte Lehrer Knoblich ein, um die Würde des Parlaments zu retten: „Ich bitte Sie, meine Damen und Herren! Seriosität hat auch an dieser Stelle ihre Bedeutung“, belehrt er mit strenger Miene die Parlamentarier. Dann will er mit dem Aufrufen fortfahren, stockt jedoch: „Wo war ich eigentlich?“ Jetzt gibt es kein Halten mehr, selbst die Koalitionsabgeordneten brechen in schallendes Gelächter aus. Auch der neue Ministerpräsident, der noch mutterseelenallein auf der Regierungsbank sitzt, blinzelt vergnügt in den Saal.

Dieser Donnerstag begann ebenso fröhlich. Um 8 Uhr 30 treten die Minister im SPD-Fraktionssitzungszimmer an, um sich von Platzeck die Ernennungsurkunden überreichen zu lassen. Peter Muschalla, der rechtspolitische Sprecher der SPD, ruft Agrarminister Wolfgang Birthler zu: „Du wolltest doch eigentlich keine Urkunde mehr!“ Womit er auf Gerüchte um Birthlers angebliche Amtsmüdigkeit anspielt. Doch das Raubein poltert zurück: „Ossis nehmen, was sie kriegen.“ Als das Kabinett dann vor Platzeck stramm steht, kommentiert Muschalla: „Wie ein Kollektiv der sozialistischen Arbeit!“ Platzeck überhört das geflissentlich, beginnt die Zeremonie mit den Worten: „Dass die einzigen beiden Frauen in der Männerriege ganz am Ende, rechts außen stehen, ist keine Missachtung.“ Dies sei vom Protokoll so vorgeschrieben. Die Reihenfolge richte sich streng nach Alter, nicht nach Schönheit. Platzecks erste Botschaft an die Minister: „Dass wir Politik mit fast leeren Kassen machen, ist eine große Herausforderung.“

So gut die Stimmung in der Koalition am Tag eins nach Platzecks Wahl auch ist – in der Koalition sind sich viele sicher, dass es „die Ruhe vor dem Sturm“ sei. Sie sind überzeugt, dass Platzeck nach der Bundestagswahl das Kabinett umbilden, schwächelnde SPD-Minister auswechseln werde. Vielleicht auch einen CDU-Minister, damit die Optik stimmt? Nicht ausgeschlossen wird auch, dass Platzeck seinen Staatskanzleichef und Intimus, Rainer Speer, zum Minister ernennt, um seine wichtigste Stütze gegenüber Schönbohm, aber auch gegenüber den eigenen Genossen zu stärken. Speer hat besonders gute Laune, lobt Schönbohm für dessen Professionalität in den letzten Tagen. Auch SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch strahlt. Erstmals seit langem gehe es, einer Blitzumfrage zufolge, in der Wählergunst wieder aufwärts: Endlich wieder 40 Prozent für die Sozialdemokraten.

Im Plenarsaal scheinen sich die Abgeordneten schnell an die neue Situation zu gewöhnen: Die Anrede „Herr Ministerpräsident“ geht ihnen leicht über die Lippen. Nur Matthias Platzeck selbst hat noch gewisse Eingewöhnungsschwierigkeiten: Er reagiert noch nicht immer auf die Anrede. Und er studiert das Handbuch mit den Fotos und Namen ihm unbekannter Landtagsabgeordneter. Viele kennt er, viele duzt er. Zu Beginn der Landtagssitzung umarmt ihn die PDS-Abgeordnete Dagmar Enkelmann, die ehemalige „Miss Bundestag“. Mit Matthias Platzeck wird Brandenburgs Politik noch familiärer.

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