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Brandenburg: Helle Empörung über Fördersplitting

Der Lausitz droht ein Verlust von EU-Zuschüssen. Grund ist ein Beschluss, den die Regierung ohne Absprache fällte – jetzt wird sie attackiert

Von Michael Mara

Potsdam. Brandenburgs Landesregierung ist wegen der Entscheidung, das Land für die EU-Förderbürokratie in eine „arme“ Nord- und eine „reiche" Süd-Region zu teilen, unter Druck geraten. Wirtschaftsverbände, Kommunen und Unternehmen kritisierten scharf, dass die strukturschwache Lausitz ab 2007 dadurch aus der Höchstförderung (Ziel-1-Gebiet) herausfallen könne.

Dies sei ein „katastrophales Signal“ und gebe Wasser auf die Mühlen derjenigen, „die diese Region wirtschaftlich abschreiben, sie verlassen und die resignieren“, so die IHK Cottbus. Empörung gab es bei SPD- und CDU-Politikern auch darüber, dass die „folgenschwere Entscheidung“ ohne jede Abstimmung getroffen worden sei. Zugleich wurden Forderungen nach einem „Ausgleichsprogramm" für die Lausitz laut.

Die Landesregierung, die am Vortag in einer dürftigen Pressemitteilung das eigentlich Brisante an dem Vorgang verschwiegen und erklärt hatte, die Teilung sei „zur Erfassung statistischer Daten für die EU erfolgt“, verteidigte am Nachmittag auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz die Entscheidung: Die EU habe immer wieder darauf hingewiesen, dass der Osten den Ziel-1-Status verlieren könne, so Finanzministerin Dagmar Ziegler. Man habe Vorsorge treffen müssen. Auch werde die Lausitz nicht vom Geldstrom abgeschnitten: „Für eine Übergangszeit werden die gleichen Fördersätze gewährt.“ Ziegler gab zu, dass die Abstimmung mit den betroffenen Landräten „nicht gut gelaufen“ sei. Sie habe inzwischen mit ihnen gesprochen.

In Koalitionskreisen hieß es, dass die Entscheidung dem neuen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck trotzdem „auf die Füße fallen" könnte. Nämlich wenn sich nach Auslaufen der Förderperiode 2006 herausstellen sollte, dass das gesamte Land ohne die jetzt erfolgte Aufteilung aufgrund der schlechten Wirtschaftsentwicklung weiterhin die Voraussetzungen als so genanntes Ziel-1-Gebiet erfüllen würde, die Südwest-Region allein jedoch nicht mehr. Dies wird in der Kabinettsvorlage nicht ausgeschlossen. Nach Ansicht der IHK Cottbus spiegeln die beiden Regionen die Wirtschaftskraft der Landesteile nicht differenziert wider: Ein Vergleich der Wirtschaftsdaten zeige, dass beispielsweise die Kreise Elbe-Elster und Oberspreewald Lausitz in der Bruttowertschöpfung pro Einwohner bzw. Erwerbstätigem „deutlich schwächer sind als die vom Kabinett bevorzugten Kreise Uckermark und Prignitz". Mit einem weiteren Rückgang müsse gerechnet werden. IHK-Hauptgeschäftsführer Joachim Lindstedt: „Wir wissen, dass Großunternehmen in der Lausitz weiter investieren wollen.“ Bisher seien die Standortnachteile stets mit zusätzlicher Förderung ausgeglichen worden. Um die verheerende Botschaft zu entkräften, müssten sofort konkrete Vorstellungen zur künftigen Unterstützung der Wirtschaft im Süden auf den Tisch.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Ingo Senftleben sagte, dass die Lausitz mit 19,6 Prozent die höchste Arbeitslosenquote in Brandenburg habe. Die Zahl steige weiter, ein Wegbrechen der Fördermittel würde die Situation verschärfen. Er forderte ein Ausgleichsprogramm für die Region. Zugleich kritisierte Senftleben den Politikstil der Regierung: Obwohl die Entscheidung weitreichende Folgen habe, seien Landräte und Abgeordneten nicht eingebunden worden. Die Cottbuser SPD-Landtagsabgeordnete Heidemarie Konzack äußerte: „So kann man es nicht machen.“ CDU-Fraktionschefin Beate Blechinger erklärte, dass es eine Abstimmung mit den beiden Koalitonsfraktionen hätte geben müssen. Holger Bartsch, Landrat von Oberspreewald-Lausitz und Vize-Parteichef der SPD, sagte, es sei kein guter Stil, dass die Betroffenen von der Entscheidung aus den Medien erfahren mussten. Er kündigte einen Forderungskatalog an das Land an.

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