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Brandenburg: Hungern gegen Windkraft

Ein Dorf ist ringsum von den Rotoren umstellt Jetzt greifen die Bewohner zu drastischen Mitteln

Bredow - Das Plakat an der Bundesstraße 5 zwischen Berlin und Nauen ist nicht zu übersehen: „Stopp! Hungerstreik – Hier keine weiteren Windräder“. Im Zelt daneben herrscht so reger Betrieb, dass die seit Sonntagnachmittag Hungernden gar nicht leicht zu finden sind. Aber dann ist es doch offensichtlich: Immer wieder klopfen Bürgermeister, Abgeordnete, Bauern und spontan am Straßenrand haltende Auto- und Radfahrer aus der Region zwei Männern auf die Schultern. Der 39-jährige Peter Eichholz und der 43-jährige Rudolf Bachmann haben sich, so sagen sie, aus „purer Verzweiflung“ für diese Aktion entschlossen. Sie wollen sie mindestens bis Freitag fortsetzen – dann soll hier an der Abfahrt nach Bredow eine Podiumsdiskussion stattfinden.

Dabei seien sie nicht grundsätzlich gegen Windräder, sagt Peter Eichholz aus dem Ort Bredow. „Aber westlich des Berliner Autobahnrings erreicht die Menge der Anlagen unerträgliche Dimensionen.“ Sie beeinträchtigten in ihrer Masse die Lebensqualität. Schon seit zwei Jahren kämpft die Bürgerinitiative „Gegenwind Nauener Platte“ für eine „maßvolle Planung“ von Windrädern. „Es hat leider nichts genutzt“, schimpft Bürgermeister Roland Borchert aus Markee, einem Nachbarort von Bredow. „Auf der 27 Quadratkilometer großen Nauener Platte – so heißt die Gegend hier – drehen sich schon jetzt 120 Windräder – und weitere 65 sind geplant. Unser Dorf ist bereits jetzt von allen Seiten durch die Anlagen umzingelt.“ Das widerspreche zwar den Planungsrichtlinien, aber bisher habe sich niemand um die Sorgen gekümmert. Deshalb auch habe die Idee eines Hungerstreiks sofort große Unterstützung gefunden.

Die Einwohner stören sich an den Geräuschen der Rotoren, am Schattenwurf der Masten bei Tage und am ständigen Blinken der Signallampen bei Nacht. Mehrere Reiterhöfe und eine Stutenmilchfarm in Bredow haben sich dem Protest angeschlossen, weil die Tiere die Geräusche als noch störender empfinden würden als Menschen.

Zuständig für die Ausweisung von Plätzen für Windräder sind die Regionalen Planungsgemeinschaften. Der für die Nauener Platte verantwortliche Verbund Fläming-Havelland sah mit der Menge der Anlagen keine Probleme – die Mehrheit seiner Gemeinden liegt östlich des Berliner Rings, wo keine Windräder gebaut wurden. Im Fall des Dorfes Markee hat das Gremium inzwischen Fehler zugegeben: Üblicherweise sollten die Anlagen höchstens in einem Halbkreis von 180 Grad am Rand eines Ortes aufgestellt werden. In Markee sei das leider nicht möglich gewesen – dieser Ort ist nun tatsächlich in allen Himmelsrichtungen von Windkrafträdern umstellt.

Zuspruch erhielt die Bürgerinitiative auch von Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Die Union habe vielfach darauf hingewiesen, dass die Region Berlin-Brandenburg zu den Gebieten in Deutschland und in der EU mit überdurchschnittlich vielen Windkraftanlagen gehört, schrieb Schönbohm in einem Brief an Markees Bürgermeister Borchert.

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