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Brandenburg: Innenminister plant Gesetz gegen Neonazi-Aufmärsche in Halbe

Schönbohm will rechtsradikale Versammlungen an Soldatenfriedhöfen verbieten – die Föderalismus-Reform macht es möglich

Potsdam - Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) will Aufmärsche von Neonazis am Soldatenfriedhof in Halbe per Gesetz verhindern. Ministeriumssprecherin Dorothée Stacke bestätigte am Montag in Potsdam, dass zur Zeit ein brandenburgisches Versammlungsgesetz vorbereitet wird, mit dem Demonstrationen an Kriegsgräberstätten wie Halbe verboten werden sollen. Allerdings weist das Ministerium darauf hin, dass die juristische Klippen hoch, die Erfolgsaussichten noch ungewiss sind. „Wir wollen das Gesetz. Aber wir wissen noch nicht, ob es gelingt“, sagte Stacke. Wegen rechtlicher Schwierigkeiten sei auch ein erster, „unausgereifter“ Referentenentwurf bereits wieder verworfen worden.

Für Innenminister Schönbohm, der heute das Kabinett über seine Pläne informieren will, ist „Halbe“ eine Gratwanderung. Einerseits will er angesichts der alljährlichen Aufmärsche von Rechtsextremisten um den Hamburger Neonazi Christian Worch in Halbe alle juristischen Möglichkeiten ausreizen. Andererseits kann er keine neue Niederlage vor Gerichten riskieren, die die Rechtsextremen erneut triumphieren lassen würde. Ein erster Anlauf Schönbohms, mittels einer Novelle des brandenburgischen Gedenkstättengesetzes die provokanten Aufmärsche zu verhindern, war im Sommer 2005 vor dem Oberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder) gescheitert.

Dass es jetzt überhaupt eine neue juristische Chance gibt, liegt laut Innenministerium an der Föderalismusreform, mit der die bisherige Bundeszuständigkeit für das Versammlungsrecht in die Hoheit der Länder übergeht. Trotzdem bleibt das Problem, zwischen dem Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit einerseits und dem Schutz der Totenruhe andererseits genau abwägen zu müssen.

Für Deutschlands Neonazi-Szene ist Halbe mittlerweile einer der wichtigsten Wallfahrtsorte geworden. Seit 2002 versammeln sich 1000 bis 2000 Rechtsextremisten aus der ganzen Bundesrepublik am Volkstrauertag zum „Heldengedenken“ für Wehrmacht und SS. Auf dem Soldatenfriedhof, dem größten in Deutschland, liegen 23 000 Kriegstote begraben. Voriges Jahr hatten 2200 Gegendemonstranten aller demokratischen Parteien den Aufmarsch von 1600 Neonazis verhindert. Die aber trommeln schon jetzt im Internet für das diesjährige „Heldengedenken“ am 18. November. Der CDU-Innenpolitiker Sven Petke sprach sich dafür aus, dass neue Gesetz rechtzeitig zu verabschieden, „damit es in diesem Jahr schon greift“. Auch SPD und PDS begrüßen das Gesetzesvorhaben Schönbohms. Allerdings wird von Koalitionspartner und Opposition höchste juristische Sorgfalt angemahnt. „Eine zweite juristische Schlappe darf es nicht geben“, sagt der PDS-Abgeordnete Andreas Bernig, zugleich Vizelandeschef der Polizeigewerkschaft GdP.

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