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Speer

© dpa

Interview: "Die Spuren der Krise sind tief"

Rainer Speer ist seit 2004 Finanzminister in Brandenburg. Im Interview mit dem Tagesspiegel erläutert er, warum er mit größeren Steuerausfällen rechnet.

Herr Speer, die Wirtschaft bricht ein, in Brandenburg sinkt der Umsatz in der Exportwirtschaft um mehr als 23 Prozent, Sie selbst rechnen nach der jüngsten Steuerschätzung für die Jahre 2009 und 2010 mit insgesamt einer Milliarde Euro geringeren Steuereinnahmen als geplant für das Land und die Kommunen. Wie tief ist der Abgrund, in den wir da rauschen?



Wenn sich die Wachstumsprognose von minus sechs Prozent tatsächlich bestätigt, handelt es sich um die schwerste Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik. Entsprechend tief werden die Spuren der Krise in den öffentlichen Kassen sein.

Aber wie genau kann mitten in dieser historischen Krise eine solche Schätzung überhaupt sein?

Eine Prognose ist selten genau. Aber in diesem außergewöhnlichen Jahr sind die Unsicherheiten besonders groß. Im letzten November gingen die Steuerschätzer von einem Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent für 2009 aus. Als im Februar die Deutsche Bank ein Minuswachstum von fünf Prozent meldete, wurde ihr noch der Vorwurf der Schwarzmalerei gemacht. Dass wir mit erheblichen Steuerausfällen rechnen müssen, steht aber fest. Wir wissen, dass wir bis Ende April rund 10 Prozent weniger Steuereinnahmen in Brandenburg hatten als im Vorjahr.

Welche Aussagekraft haben die Zahlen der Steuerschätzer dann überhaupt? Und worauf stützen Sie ihre Haushaltspolitik?

Die Aussagekraft ist begrenzt. Wir werden abwarten müssen, wie das Jahr wirklich läuft. Am Jahresende sind wir klüger. Dann wird die neue Landesregierung sich auch über den Haushalt 2010 beugen müssen. Für 2009 hat Brandenburg einen beschlossenen Haushalt, der die Basis unserer Finanzpolitik ist. Die Steuerschätzung ändert daran nichts.

Sie bleiben also bei ihrer Einschätzung, dass Brandenburg ohne Nachtragshaushalt auskommen wird?

Derzeit brauchen wir keinen Nachtragshaushalt. Uns stehen die Kreditlinien aus dem Doppelhaushalt 2008/2009 noch in voller Höhe zur Verfügung. Das sind zusammen 315 Millionen Euro. Außerdem haben wir im letzten Jahr einen leichten Überschuss von gut 140 Millionen Euro erwirtschaftet. Den haben wir als Konjunkturreserve zurückgelegt. Ob wir Maßnahmen ergreifen müssen, werden wir nach der Novembersteuerschätzung sehen.

Mitten in der Krise haben Sie der NRW-Bank ein Kaufangebot für deren 50-Prozent-Anteil an der Förderbank des Landes Brandenburg, der ILB, unterbreitet. Warum ist ausgerechnet dafür Geld da und wie viel will sich Brandenburg die halbe Bank kosten lassen?

Das hat mit der Krise nichts zu tun. Wir reden darüber schon seit längerem. Die NRW-Bank erwog, sich von ihren Anteilen an unserer ILB zu trennen. Ich habe daraufhin ein Angebot gemacht und auf der Grundlage kam es nicht zu einer Einigung. Das ist für beide Partner aber in Ordnung. Es bleibt nun alles wie es ist, die NRW-Bank wird ihre Anteile behalten.

Die Fragen stellte Peter Tiede

Rainer Speer ist seit 2004 Finanzminister in Brandenburg. Zwischen 1999 und 2004 war der 49-jährige SPD-Politiker Chef  der Brandenburger Staatskanzlei.

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