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Johanna Wanka: Wahlkampf mit Zander

CDU-Spitzenkandidatin Johanna Wanka zieht über die Marktplätze – und verteilt Kochrezepte mit der Klarer-Kurs-Internetadresse der CDU.

Eigentlich ist alles wie immer. Geruhsam geht es zu auf dem Neuruppiner Wochenmarkt, wo frische Erdbeeren, Kartoffeln und Blumen aus der Region neben Billigklamotten und Plastik-Autos aus Fernost feilgeboten werden. Gegenüber dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal planschen bei brütender Hitze einige Kinder im Springbrunnen. Gemächlich schlendern an diesem Freitagvormittag zwei, drei Dutzend Passanten von Stand zu Stand, erledigen ihre Wochenendeinkäufe. Keine Hektik, nirgends, eben märkische Provinz.

Plötzlich kommt Unruhe in das beschauliche Treiben. Schnurstracks steuert Johanna Wanka, im geblümten Sommerkleid, auf eine ältere Dame zu, die gerade ein paar Pflaumen einpackt: „Darf ich Ihnen ein Rezept schenken?“ Sie darf. Und so überreicht die Vizeregierungschefin und Wissenschaftsministerin, die Anfang 2009 den Vorsitz der zerrütteten märkischen Union übernahm, eine handliche Farbkarte: Die zeigt vorn ein Porträt von Wanka, ihren Namen, kein Amt, keine Partei. „So schmeckt Brandenburg - Rezepte für mein Land.“ Auf der Rückseite findet man ein Rezept, „immer ein eigenes“, diesmal „Gemüseauflauf mit Hackfleisch“. Ehe die Frau weitergeht, sagt Wanka noch: „Meine politischen Rezepte finden Sie hier!“ Ach ja, da steht noch sehr, sehr kleingedruckt die Klarer-Kurs-Internetadresse der CDU. Aber in diesem Fall nützt selbst der Link nichts. Die Frau hat, wie wohl viele der eher älteren Marktbesucher, gar keinen Computer.

So sieht es also aus, wenn Johanna Wanka, die Spitzenkandidatin der Brandenburger CDU, auf Wahlkampftour ist. Die Reaktionen, ob in Neuruppin, Potsdam oder Golßen, sind überall freundlich. Es ist ein netter, unaufdringlicher, vor allem aber ein völlig unpolitischer Wahlkampf. Während sich SPD-Regierungschef Matthias Platzeck gerade in einen zweiwöchigen Urlaub verabschiedet hat, will Wanka so den  ganzen Sommer über Marktplätze ziehen. 13 Stationen sind bis Ende August geplant, wo Wanka leicht verdauliche Kost verkauft, Havelzander statt CDU-Programm, Eierlikörcreme statt Bildungsoffensive. In Neuruppin stellt sie sich sogar selbst hinter den Blumen- und Gemüsestand.

Was das alles bringt? Wanka macht sich keine Illusionen. „Es geht erst mal um Sympathiewerbung“, sagt sie zu der Tour, mit der die CDU-Spitzenfrau ihren Bekanntheitsgrad erhöhen will. Denn obwohl sie seit neun Jahren Ministerin ist, kennt erst jeder zweite Märker sie. Und Sympathie, das sagt sie nicht, braucht die märkische Union dringend, hat sie doch ihr Image mit den Grabenkämpfen gründlich lädiert. Da ist schon viel gewonnen, wenn Wanka mal Ortsgespräch ist oder ein Foto in der Lokalzeitung erscheint.

Trotzdem bleibt es ein mühseliges Unterfangen. In Golßen, einem Städtchen am Spreewald, stand Wanka vor einigen Tagen pünktlich um acht Uhr auf dem Markt, in Potsdam aufgebrochen in aller Hergottsfrühe – und war fast mutterseelenallein. Nach einer Stunde hatte Wanka vielleicht zwei Dutzend Kochrezepte verteilt. „Hier wacht man wohl etwas langsamer auf.“ Im weiten Brandenburg ticken die Uhren langsamer. Thorsten Metzner

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