zum Hauptinhalt

Justiz: In die Angst um die Kinder mischt sich die Wut

Brandenburgische Sicherheitsbehörden versuchen nach Informationen des Tagesspiegels, den als gefährlich eingestuften, aus der Haft entlassenen Sexualstraftäter Werner K. zum Wegzug aus der Gemeinde Joachimsthal im Barnim zu bewegen.

Von

In Joachimsthal mehren sich die Proteste gegen den ehemaligen Sexualstraftäter. „Die Lage vor Ort ist so angespannt, dass wir uns auch um die Sicherheit des Mannes dauerhaft sorgen müssen“, sagte ein ranghoher Sicherheitsbeamter. Ein anderer Polizeibeamter wurde deutlicher: „Wir haben Angst vor Selbstjustiz.“ Daher müsse man den Mann nicht nur zum Schutz der Bevölkerung ständig überwachen, sondern auch K. vor aufgebrachten Bürgern schützen.

Seit dem Wochenende halten die Proteste in Joachimsthal an. Dort war Werner K., der nachweislich sechs Frauen vergewaltigt und mindestens drei Mädchen missbraucht hatte, in einer Wohnsiedlung bei Verwandten untergekommen war. Der Bundesgerichtshof in Leipzig hatte eine vom Landgericht Neuruppin nachträglich verhängte Sicherheitsverwahrung abgelehnt. Als Begründung führten die Bundesrichter an, dass eine solche Entscheidung hätte früher gefällt werden müssen. Eine mangelhafte rechtliche Bewertung lasse sich nachträglich nicht mehr korrigieren.

Bereits in einem anderen Fall hatte die brandenburgische Polizei einem aus der Haft entlassenen Sexualstraftäter dabei geholfen, sich unerkannt an einem anderen Ort niederzulassen: Vor fast genau einem Jahr hatte ein ebenfalls als gefährlich eingestufter Sexualstraftäter aus der JVA Brandenburg/Havel entlassen werden müssen. Nachdem sein Aufenthaltsort bekannt geworden war, hatte ihm das Landeskriminalamt geholfen, unerkannt den Wohnort zu wechseln. Auch am neuen Wohnort steht der Mann unter ständiger Polizeibeobachtung.

Unterdessen sorgen sich in Joachimsthal Väter und Mütter um die Sicherheit ihrer Kinder, lassen sie nicht mehr aus den Augen. Doch zwischen die Angst mischt sich auch Wut und Empörung über die Justizpanne. „Hier versteht keiner, wie das passieren konnte“, sagt Grit Brobowski. Die 36-jährige Mutter lebt mit ihrem Mann und den beiden achtjährigen Kindern, einem Jungen und einem Mädchen, nur wenige Meter entfernt von der Wohnung des Sexualstraftäters. Mit mehreren selbst gemalten Bannern an der Fassade und an der Straße will sie auf die Situation aufmerksam machen. Darauf fordert sie, den Triebtäter wieder einsperren zu lassen. Ihr Mann hat sich Urlaub genommen, um aufzupassen. Es gebe zudem genug Menschen in der Nachbarschaft, die nur darauf warten würden, Werner K. einmal ohne Polizei zu treffen, deutet er eine wachsende Gefahr von Selbstjustiz an. Er halte davon jedoch nichts. Die ehrenamtliche Bürgermeisterin von Joachimsthal, Gerlinde Schneider, warnt indes ihre Bürger davor, das vermeintliche Recht selbst in die Hand zu nehmen. Die Ängste der Anwohner könne sie aber verstehen.

Zur Startseite