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Brandenburg: Kein Platz im Gymnasium

Von Susanne Vieth-Entus Potsdam. Der Ansturm Brandenburger Kinder auf Berliner Schulen ist ungebrochen.

Von Susanne Vieth-Entus

Potsdam. Der Ansturm Brandenburger Kinder auf Berliner Schulen ist ungebrochen. Obwohl die Bezirksschulämter viele Anträge aus den Umlandgemeinden ablehnen, ist die Zahl der sogenannten Gastschüler in diesem Schuljahr weiter gestiegen und liegt jetzt bei knapp 9000. Für das kommende Schuljahr liegen über 500 neue Anträge vor. Hauptgrund sind die knappen Gymnasialkapazitäten in Brandenburg. Mancherorts werden nur noch Einser-Kandidaten angenommen.

Für tausende Berliner Stadtflüchter ist der Mangel an Gymnasialplätzen ein Schock, da sie aus Berlin derartige Einschränkungen nicht gewohnt sind. Noch größer ist ihre Empörung, wenn sie erfahren, dass auch Berlin sie nicht nehmen will. Denn in Berlin gilt, dass Brandenburger nur dann genommen werden, wenn es freie Kapazitäten gibt. Dies aber ist gerade in den gefragten Schulen selten der Fall.

„Es gibt 17 Anmeldungen für Oberschulen, aber wir nehmen nur eine an“, berichtet etwa Horst Getschmann vom Schulamt Tempelhof-Schöneberg. Fünf Schüler hätten noch nicht mal die geforderte Freistellung aus Brandenburg erhalten, weil sie keinen „wichtigen Grund“ für ihren Antrag nennen konnten. Ohne diesen beharrt Brandenburg darauf, dass die Schüler im Lande bleiben, denn es leidet unter Schülermangel. Von den zwölf Schülern, die dann noch übrig blieben, wollten aber elf auf Schulen, die keine Plätze mehr frei hatten, so Getschmann.

Die betroffenen Familien fühlen sich von beiden Ländern allein gelassen. Es ärgert sie, dass Brandenburg zwar preiswertes Bauland anbietet, um die Steuerzahler aus der Stadt zu locken. Im Gegenzug hätten die Zuzügler aber erwartet, dass die Landkreise genügend Schulen bauen. Stattdessen gibt es Gemeinden, die das nächste Gymnasium erst in 20 Kilometer Entfernung haben.

Der Sprecher des Bildungsministeriums, Martin Gorholt, macht den Speckgürtelbewohnern wenig Hoffnung. Angesichts des Schülerrückgangs werde außer in Dallgow-Döberitz kein neues Gymnasium gebaut. Gorholt bestreitet überdies, dass es einen großen Bedarf an Gymnasien gibt und verweist auf die „Gleichwertigkeit“ von Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe.

Die gibt es allerdings auch nicht überall. Zumindest für Dahme-Spreewald ist bekannt, dass Kindern mit Gymnsialempfehlung Gesamtschulen ohne Oberstufe empfohlen wurden, weil es weit und breit keine Alternative gab: Das Gymnasium in KönigsWusterhausen ist hoffnungslos überlaufen und auch Gesamtschulen mit Oberstufe sind Mangelware.

Dies gilt auch in anderen Landkreisen. Im Kreis Frankfurt/Oder berichten Eltern, dass der Mangel an Gymnasien dazu führe, dass Kinder mit einem schlechteren Notendurchschnitt als 1,2 keinen Platz bekommen. An der Landesgrenze versucht man deshalb, in Berliner Schulen „hereinzurutschen“. Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf beherbergt allein 950 Gymnsiasten aus Brandenburg. Hier ist man froh über die Nachfrage, weil der Bezirk unter Schülerrückgang leidet.

Um sich auch in überfüllte Schulen Wege zu bahnen, versuchen viele Brandenburger mit Scheinadressen ihr Glück, berichtet der Spandauer Schulamtsleiter Thomas Nack. Wer es auf legalem Weg versucht, muss auch hier oft vertröstet werden, weil Spandau nicht einmal die eigenen Schüler unterbringen kann. Nack weiß von rund 80 Schülern, die nach Spandau kommen wollten, weil sie im Havelland kein Gymnasium fanden.

Bisher haben rund 50 Brandenburger bereits eine Ablehnung aus Berliner Schulämtern bekommen. Weitere 460 Anträge sind noch in Bearbeitung.

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