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Kindesmissbrauch: Was wusste das Jugendamt?

Sabine P. wurde als Elfjährige mehrfach von ihrem Vater in den Keller gelockt und missbraucht. Jetzt muss sich das Jugendamt von Neuruppin mit dem Vorwurf auseinandersetzen, einen Hinweis auf den Missbrauch erhalten und darauf nicht reagiert zu haben.

In den Fall der heute 21-jährigen Sabine P. (Name geändert), die als Kind jahrelang von ihrem Vater, der zugleich ihr Stiefgroßvater ist, sexuell missbraucht worden sein soll, hat sich nun der Landrat von Ostprignitz-Ruppin, Christian Gilde (SPD), persönlich eingeschaltet. „Nachdem im Zuge der Ermittlungen Vorwürfe gegen unser Jugendamt erhoben wurden, prüfen wir diese sehr gründlich“, sagte Gilde.

Wie berichtet, hatte Sabine P. erst kürzlich den Mut gefunden, ihren Vater – der auch der Stiefvater ihrer Mutter ist – anzuzeigen. Dieser habe sie vor zehn Jahren mehrfach in den Keller gelockt und dort missbraucht, gab sie zu Protokoll. Weil die damals 11-Jährige an Depressionen litt, wurde sie in eine Jugendpsychiatrie eingewiesen. Mitarbeiter der Klinik hatten damals nach Aussagen der Anwälte von Sabine P. das Jugendamt von Neuruppin über den Missbrauchsverdacht informiert. Von dort sei aber keine Reaktion erfolgt.

Über den Fall existiert keine Akte

„Es gibt keine Akte über den Fall“, sagte der Landrat: „Wir haben nur einen Brief gefunden, in dem die Klinik 1998 eine Mitarbeiterin über den Missbrauchsvorwurf informierte.“ Diese Mitarbeiterin sei aber seit mehreren Jahren nicht mehr im Jugendamt beschäftigt, erklärte der Landrat. Deshalb habe man auch noch nicht klären können, ob und wie sie damals darauf reagierte. „Vielleicht ist sie ja davon ausgegangen, dass keine Gefahr mehr für das Kind bestand, weil es inzwischen getrennt vom Vater beziehungsweise Stiefgroßvater lebte. Wir werden das jedenfalls gründlich prüfen.“

Der 66-jährige Beschuldigte hatte sexuelle Kontakte zu seiner Stieftochter – der Mutter von Sabine P. – zugegeben. Dabei wurde auch Sabine P. gezeugt. Da diese Kontakte aber verjährt sind, kann er dafür strafrechtlich nicht mehr belangt werden. Den Missbrauch seiner Enkelin beziehungsweise Tochter bestreitet der Mann. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, der 66-Jährige ist nach kurzzeitiger Festnahme wieder auf freiem Fuß. (das)

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