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Brandenburg: Kirche verteidigt kongolesischen Familienvater

Superintendent: Vergewaltigungsvorwürfe „völlig haltlos“ / Stadt Brandenburg will Fall untersuchen / HU-Professorin nennt Übersetzungsfehler unwahrscheinlich

Brandenburg/Havel. Mboté ist Lingala – und Lingala ist eine afrikanische Sprache. Gesprochen wird sie von mehreren Millionen Menschen in Kongo und Zaire und einigen anderen Ländern südlich der Sahara. Mboté heißt Guten Tag. Was dagegen die Worte Demonstration und Vergewaltigung heißen, darüber ist Streit ausgebrochen. Es geht um die kongolesische Familie, die sich im Kirchenasyl in Brandenburg/Havel befindet. Der „Focus“ hatte gemeldet, der Vater der Familie sei an einer Vergewaltigung beteiligt gewesen, die Kirche weist das ab: „Aus unserer Kenntnis sind diese Vorwürfe völlig haltlos“, sagte der Brandenburger Superintendent Eberhard Schalinski am Montag. Bereits am Sonntag hatte Pfarrer Christoph Vogel von der Brandenburger St. Gotthardtgemeinde den Bericht zurückgewiesen mit der Begründung, es handele sich um einen Übersetzungsfehler. In Lingala hieße Vergewaltigung und Demonstration dasselbe.

Die betreffende Textpassage stammt aus den Protokollen von Gesprächen, die das Bundesamt für die Anerkennung von Flüchtlingen mit dem Kongolesen bei seiner Einreise geführt hat. In den Absätzen vor der fraglichen Stelle ist laut Gemeinde mehrmals von Demonstrationen die Rede. Der Kongolese soll Proteste gegen damalige MobutoRegime organisiert haben und 1992 nach Deutschland geflohen sein.

Lingala ist eine so genannte Verkehrssprache. Sie wird von vielen Menschen gebraucht, die eine andere Muttersprache haben. Dadurch kann sich die Sprachgenauigkeit abschleifen. Dass aber Vergewaltigung und Demonstration dasselbe heißen könnten, hält Brigitte Reinecke für ausgeschlossen. Sie ist Professorin für afrikanische Sprachen an der Humboldt-Universität in Berlin. Wenn es ein Übersetzungsfehler gewesen sein sollte, der den Vater der kongolesischen Familie jetzt dem schlimmen Verdacht aussetzt, dann sei dieser, so Professor Reinecke, sei es unwahrscheinlich, dass der aus Versehen herbeigeführt wurde.

Die Gemeinde hat ihrerseits das Vernehmungsprotokoll am Berliner Afrika-Center übersetzen lassen und dort ihre Verwechslungsversion bestätigt bekommen, wie es am Montag in Brandenburg/Havel hieß. Außerdem gebe es in Kongo auch keinerlei Ermittlungen gegen den Familienvater. In der Stadt Brandenburg/Havel will man jetzt die Hintergründe der Vorwürfe klären. Die Gemeinde gewährt der Familie seit Mitte des Monats Kirchenasyl, um deren Abschiebung zu verhindern.

Gegen Pfarrer Christoph Vogel, der Asyl gewährte, hat die Staatsanwaltschaft Potsdam wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Asylgesetz Ermittlungen aufgenommen. Auch gegen den Kongolesen und seine Frau ist ein Verfahren eingeleitet worden. ari

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