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Kommentar: Mehr Platz für Solarparks

Das Brandenburger Energieprogramm könnte bei seinem geplanten Umfang abschrecken. Könnte. Denn das Programm führt nicht etwa wie viele befürchten zum Landschaftsverbrauch, sondern ist sogar noch zu klein kalkuliert.

Die Brandenburger sind ein genügsames Völkchen. Das wusste schon Theodor Fontane. Trotzdem droht jetzt Ärger, schon wieder. Landauf und landab sollen neue „Solarparks“ errichtet werden, insgesamt 10 000 Hektar voll mit futuristisch-gigantischen Sonnenkollektoren, so groß wie 20 000 Fußballfelder. So plant es jedenfalls die Regierung, die alles daransetzt, aus dem bislang wegen klimaschädlicher Kohlekraftwerke berüchtigten Brandenburg ein energie- und klimapolitisches Musterland zu machen. So weit, so ambitioniert.

Allerdings läuft da bereits das Volksbegehren gegen neue Braunkohletagebaue. Und es rumort wegen der Vermehrung von Windrädern. Obwohl es schon 2500 sind, drei Mal so viele wie Dorfkirchen, sollen noch tausende hinzukommen. Droht nach der umstrittenen Abbaggerung von Dörfern in der Lausitz, der „Verspargelung“ durch Windräder nun auch noch die „Verspiegelung“ der Mark?

Potsdams Regierende tun gut daran, sich auch bei den Solarstrom-Kraftwerken beizeiten auf Konflikte einzustellen. Schließlich soll sich die aus Sonne gewonnene Energie, bislang im Lande merkwürdigerweise nahezu bedeutungslos, verzehnfachen. Und das nicht erst bis 2020, sondern wegen der Förderkonditionen des Bundes schon fünf Jahre früher. Bei keinem anderen Energieträger ist solch ein Tempo, sind solche Steigerungen vorgesehen. Es ist unbekanntes Terrain, auch unerforschtes. Da werden Umweltschützer etwa fragen oder klagen, ob die großflächigen Kollektoren nicht etwa Zugvögel von ihren Routen abbringen, jede Menge Zündstoff also.

Und doch liegt die eigentliche Brisanz des Brandenburger Energieprogramms woanders: In der Summe von neuen Tagebauen, Solarfabriken, Windparks und dem Anbau von Biomasse geht es um einen gigantischen Landschaftsverbrauch – in immer härterer Konkurrenz zur traditionellen Landwirtschaft, zur Produktion von Nahrungsmitteln. Aber das alles ist jenseits allgemeiner Zielvorgaben der „Energiestrategie 2020“ noch nicht austariert, nicht ausbalanciert, da wo es nötig ist, wo es wehtut, wo Betroffene leben, nämlich vor Ort, in den Regionen.

Andererseits ist Brandenburg größer als man glaubt, nämlich 29 478,61 Quadratkilometer, zwei Drittel davon sind Acker und Wald in immer dünner besiedelten Gegenden. 550 Quadratkilometer davon sind für Windparks geplant, 100 Quadratkilometer für Sonnenkraftwerke, die die Landschaftssilhouette weniger stören. Fragen muss man daher, ob die Proportionen stimmen. Die für das ganze Land geplanten 10 000 Hektar Sonnenkollektoren, zum Vergleich, könnten etwa komplett auf dem Wittstocker Bombodrom untergebracht werden, es wäre sogar eine ideale Nachnutzung für das Areal. Und es gibt genügend weitere frühere Truppenübungsplätze, wo Solarkollektoren ebenfalls kaum stören dürften.

Seltsam, war da nicht mal die Rede von drohender „Versteppung“? Müsste sich das Land nach den Prognosen der Potsdamer Klimaforscher nicht darauf einstellen, dass es in den nächsten Jahrzehnten vor allem immer wärmer, immer sonniger wird? Es sieht so aus, als ob Brandenburg bei seinem Solar-Programm immer noch zu vorsichtig ist. Man kann es drehen und wenden: Brandenburg steht mit seiner Energiepolitik erst am Anfang.

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