zum Hauptinhalt

Brandenburg: Konfusion statt Fusion

Thorsten Metzner

Brandenburgs Politik rätselt über Klaus Wowereit – und fühlt sich prompt in den bekannten Vorurteilen bestätigt: typisch Berliner eben, laut, oberflächlich, unberechenbar. Immerhin haben beide Länder schon die Fernsehsender zusammengelegt, die Obergerichte, die Lehrerinstitute und Luftfahrtbehörden. Sie planen gemeinsam, wollen in Schönefeld einen Flughafen bauen, die Abiturienten in Kreuzberg und in der Prignitz die gleichen Prüfungen ablegen lassen. Man setzt also ganz erfolgreich viele kleine Fusionen um, in der Hoffnung, dass es so auch mit der großen Fusion etwas wird. Und urplötzlich tritt der Berliner Regierende bei voller Fahrt auf die Bremse. Er beerdigt mit lautem Tamtam die gemeinsame Wirtschaftsfördergesellschaft, die 2008 gegründet werden sollte, brüskiert Brandenburg und den eigenen PDS-Wirtschaftssenator Harald Wolf gleich mit.

Was soll das? Klaus Wowereit hat keinen einzigen sachlichen Grund nennen können, warum die Wirtschaftsförderung getrennt bleiben sollte, während man von außen Mark und Metropole längst nur als gemeinsame Hauptstadtregion wahrnimmt. Es gibt auch keinen. Weil eine Agentur zum gegenseitigen Nutzen wäre, ziehen beide Wirtschaftsminister an einem Strang, der Christdemokrat Ulrich Junghanns und der PDS-Genosse Harald Wolf. Mehr noch, die Vorbereitungen für die Fusion der „Berlin Partner“ und der märkischen Zukunftsagentur (ZAB) laufen auf Hochtouren.

Pickt sich Brandenburg „nur die Rosinen heraus“, wie Wowereit meint? In diesem Fall ist es wohl umgekehrt: Die ZAB gilt als erfolgreichste Ansiedlungsagentur Ostdeutschlands, erfolgreicher als die Berliner. Es geht Wowereit in Wirklichkeit um etwas anderes. Sein kalkulierter Ausbruch kommt just zu einem Zeitpunkt, als ihm nach einhundert Tagen von Rot-Rot II der Wind ins Gesicht bläst. Ganz zu schweigen vom Ärger um das umstrittene Aus für den City-Flughafen Tempelhof, wo ihm CDU-Oppositionsführer Friedbert Pflüger vorwirft, „sich von Brandenburg über den Tisch ziehen zu lassen“. Das stimmt zwar nicht, kommt aber gut an in Berlin.

Eines beunruhigt: Berlins Innenpolitik spielt bewusst mit Stimmungen gegen Brandenburg, ohne Rücksicht auf Kollateralschäden im Nachbarland, wo die Ressentiments gegen die Metropole tief sitzen. Und Brandenburgs Politik ist auch nicht besser. Wer immer noch an die Fusion glaubt, gilt hier als weltfremder Spinner. Wowereit hat natürlich nicht vergessen, wie schnell Matthias Platzeck und dessen Sozialdemokraten nach dem Haushalts-Urteil von Karlsruhe – die Urteilsverkündung lief noch – die Länderehe auf ewig beerdigten. Das sind nicht nur momentane Verstimmungen, das sitzt tiefer.

Es ist paradox: Die politischen Klassen Berlins und Brandenburgs, die sich im Grunde nie nähergekommen sind, entfremden sich nun zusätzlich – obwohl die Länder immer enger zusammenarbeiten. Wohin das führt? Wenn die mentale Konfusion nicht aufhört, kann es wohl nie eine Länderfusion, nie ein gemeinsames Berlin-Brandenburg geben.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false