zum Hauptinhalt

Brandenburg: Konkurrenz fürs Arbeitsamt – Kreise vermitteln selber Jobs Hartz IV macht es möglich: Warum Spree-Neiße Arbeitslose in Eigenregie betreut

Forst - Wenn Torsten Winter aus seinem Bürofenster blickt, sieht er die Ruinen von drei ehemaligen Fabriken. Keine schöne Aussicht, wenn man im Sozialamt arbeitet.

Von Sandra Dassler

Forst - Wenn Torsten Winter aus seinem Bürofenster blickt, sieht er die Ruinen von drei ehemaligen Fabriken. Keine schöne Aussicht, wenn man im Sozialamt arbeitet. Torsten Winter ist als Leiter des Sachgebiets „Hilfe zur Arbeit“ im Landratsamt Forst für den Landkreis Spree- Neiße zuständig. Hier leben rund 150 000 Menschen. Offiziell ist jeder vierte Erwerbsfähige ohne Job – rechnet man jene in Beschäftigungsmaßnahmen hinzu, sind es noch wesentlich mehr.

Winter und seine Kollegen kümmern sich bislang um knapp 3000 Familien, die Sozialhilfe beziehen. Bald werden es mehr als 11 000 Familien sein. Hinzu kommen jene, die nach der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ab 2005 das Arbeitslosengeld II erhalten. Spree-Neiße gehört zu den 69 Landkreisen in Deutschland, die ihre Langzeitarbeitslosen im so genannten Optionsmodell in Eigenverantwortung betreuen (siehe Kasten). Der Städte- und Gemeindebund hat das kritisiert und vermutet, die Kreise wollten damit nur ihren Personalüberhang abbauen. Die Arbeitsagenturen bemängeln vor allem, dass die Landkreise keine Erfahrung mit der Vermittlung von Arbeitskräften hätten.

Für Spree-Neiße aber treffe das nicht zu, sagt Sozialdezernent Hermann Kostrewa: „Wir haben schon vor Jahren Erfahrungen mit dem Programm ,Arbeit statt Sozialhilfe’ gesammelt, bei dem Langzeitarbeitslose zwölf Monate beschäftigt wurden.“ Weil anfangs ein Drittel nicht durchhielt, stellten die Forster über ein vom Bund finanziertes Projekt ,Hilfeplaner‘ ein, die ihre Klientel genau auf bestimmte Jobs vorbereitete. Das begann mit der Lösung von Schulden- oder Suchtproblemen und endete manchmal mit der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt. Die Zahl jener, die abbrachen, sank so von 30 auf unter drei Prozent. Und der Kreis behielt einige der Hilfeplaner auch, als der Bund dafür nicht mehr zahlte.

Die Forster sind überzeugt, dass sie die Betreuung der Arbeitslosen allein besser managen werden als die Job-Center, die anderswo von Kommunen und Arbeitsagenturen gebildet wurden. „Wir wissen, was die Region braucht“, sagt Torsten Winter. „Mit unseren Kommunen steht ein regionales Netzwerk von Beschäftigungsträgern zur Verfügung. Und wir haben Erfahrung darin, die Bedürfnisse von Sozialhilfeempfängern einzuschätzen.“

Die Befürworter des Optionsmodells bezweifeln, dass die Vertreter der Kommunen in den Arbeitsgemeinschaften als gleichberechtige Partner behandelt werden. Die Bundesagentur sei nun einmal eine „zentralistisch geführte Behörde“, heißt es. Entscheidungen müssten stets mit Nürnberg abgesprochen werden.

Die Vorbereitungen im Landkreis Spree-Neiße laufen momentan auf Hochtouren. Stellen für die Betreuer sind ausgeschrieben. 152 Mitarbeiter werden gesucht, nur einige davon kommen aus dem Landratsamt. In Arbeit sind auch Pläne für Ein-Euro-Jobs. Dabei wird zuerst der Bedarf in den finanzschwachen Kommunen berücksichtigt. So sollen junge Arbeitslose beispielsweise als Betreuer in kommunalen Jugendzentren arbeiten.

„Wunder, sprich: neue Arbeitsplätze, können auch wir nicht schaffen“, sagt Sozialdezernent Kostrewa: „Aber wir kennen die Menschen und die örtlichen Gegebenheiten. Und wir wissen, dass es um den Lebensunterhalt von mehr als zehn Prozent unserer Bevölkerung geht.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false