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Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers.

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Kontroverse Vorschläge: Linker Wirtschaftsminister eckt weiter an

Ralf Christoffers fährt mit seinen Vorhaben einen Konfliktkurs gegenüber der SPD und seiner eigenen Partei. Für Zündstoff sorgen Ideen zum Mindestlohn, zur Unternehmenspolitik und bei den Außenbeziehungen des Landes.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) eckt weiter an. In der Energiepolitik ist der 54-jährige „Realo“ in den eigenen Reihen bereits unter Druck, weil er im Gegensatz zur Bundes- und Landespartei auf die umstrittene CCS-Technologie setzt, also auf die Abscheidung und unterirdische Lagerung von Kohlendioxid – und damit auf Braunkohle als langfristigen Energieträger. Zugleich lässt Christoffers nach Tagesspiegel-Recherchen derzeit hinter den Kulissen weitere strategische Projekte mit Zündstoff vorantreiben. Es geht etwa um eine Strategie für die wildwüchsigen Außen-Aktivitäten Brandenburgs, um die Reduzierung geförderter Wirtschaftsbranchen (von 17 auf 8) und um das Mindestlohn-Vergabegesetz, das er im April durchs Kabinett bringen will.

Ein erster Mindestlohn-Entwurf war für Rot-Rot zu unternehmensfreundlich. Wegen juristischer Bedenken hatte Christoffers kommunale öffentliche Aufträge ausgespart, was auf Intervention seiner Fraktion und dann der Koalitionsspitzen korrigiert wurde.

Auch bei den Außenbeziehungen bewegt sich Christoffers, dem Parteifreunde fehlende Kommunikation vorhalten, auf einem verminten Terrain. Ende 2010 passierte seine „Besprechungsunterlage“ das Kabinett, es gibt grünes Licht für die Reform. Die Analyse der Defizite ist deutlich. Die „erfolgreiche Implementierung“ vielfältiger Außenkontakte des Landes habe „die Identität Brandenburgs nur schwach geprägt“, mit „der Folge, dass sich ,Internationales’ mit dem Image des Landes bisher nicht verbunden hat“, heißt es etwa. Der Vielzahl der Kooperationen „fehlt eine stringente Ausrichtung“. Sie seien Ausdruck unterschiedlicher Intentionen, „teilweise historisch, teilweise ad hoc entstanden“. Gemeint sind Partnerschaftsbeauftragte, zwei in Polen, einer in Rumänien. Hinzu kommen Unternehmerreisen, aber auch – nicht direkt genannt – die Südosteuropa-Reiseaktivitäten von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), die die Opposition im Landtag bereits als „Außenpolitik des Berliner Willy-Brandt-Hauses“ beargwöhnt.

Die Linie, die Christoffers verfolgt, lautet dagegen so: „Die internationalen Kontakte des Landes müssen gebündelt und nachweisbar auf die Weiterentwicklung des Strukturausbaus Brandenburgs ausgerichtet werden.“ Ziel sei eine „Festlegung auf bestimmte Länder und Regionen“. Und: „Nur Partnerschaften und Außenkontakte, die dem so beschriebenen Interesse entsprechen, werden aufgebaut bzw. weitergeführt.“ Was das bedeutet, ist noch offen. So besuchen Platzeck und Christoffers in Kürze die USA. Der Linke-Minister hat aber überraschend auch den „Ostsee-Raum“ ins Spiel gebracht, also eine Ausrichtung gen Skandinavien, Baltikum und Dänemark, was bei davon überraschten Kammern bereits Irritationen auslöste. Unter Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniss (CDU) gab es Außenhandels-Büros in Moskau, Detroit, Dubai und Singapur, die jedoch inzwischen dichtgemacht wurden – wegen zu hoher Kosten und zu geringer Effekte.

Nicht zuletzt wegen Christoffers unterscheidet sich die rot-rote Wirtschaftspolitik kaum von der Vorgänger-Regierung mit der Union. Rot-Rot ist nach der von der Zukunftsagentur (ZAB) am Montag vorgelegten Bilanz für 2010, mit mehr neuen Jobs, mehr Ansiedlungen als 2009, entgegen Befürchtungen kein Investorenschreck. „Es kommt darauf an, wie regiert wird“, sagte dazu ZAB-Geschäftsführer Steffen Kammradt. „Brandenburg ist ein grundsolides, verlässliches Land für Wirtschaft.“ Das ist Christoffers’ Anspruch.

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