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Brandenburg: Korruptionsverdacht gegen Ex-Minister

Wolfgang Fürniß soll im Zusammenhang mit der Chipfabrik Provisionen in Millionenhöhe erhalten haben

Potsdam - Die Affäre um die gescheiterte Chipfabrik in Frankfurt (Oder) bekommt eine neue Dimension: Gegen Brandenburgs Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) wird wegen Verdachts des Haushaltsuntreue und Bestechlichkeit ermittelt. Auch gegen seinen früheren Staatssekretär Wolfgang Vogel laufen Ermittlungen wegen Verdachts der Haushaltsuntreue. Am Dienstagvormittag fanden deshalb zeitgleich in Brandenburg, Bayern, Berlin und Hessen groß angelegte Durchsuchungsaktionen statt. In Ministerien, Banken und Privatwohnungen wurden zahlreiche Akten zur Chipfabrik sichergestellt. Die Aktion ist nach Informationen des Tagesspiegels seit Wochen vorbereitet worden. Allein aus Brandenburg waren 60 LKA-Beamte und zehn Staatsanwälte im Einsatz.

Fürniß musste im November 2002 zurücktreten, nachdem bekannt geworden war, dass ihm aus den Vereinigten Arabischen Emiraten insgesamt 1,5 Millionen Dollar auf sein Privatkonto bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse überwiesen worden sind. Der Minister verhandelte zur gleichen Zeit mit Dubai über die Finanzierung der Chipfabrik. Wegen der ominösen Millionen-Zahlung war bereits 2002 gegen Fürniß wegen Verdachts der Geldwäsche und Bestechlichkeit ermittelt worden. Das Verfahren wurde jedoch mangels Beweisen im Oktober 2002 eingestellt. Fürniß hat damals ein Schreiben des Herrschers von Schardschah vorgelegt, demzufolge es sich bei der Millionen-Überweisung um einen mündlich vereinbarten privaten Kredit gehandelt habe.

An dieser Version hegt die Generalstaatsanwaltschaft, die den Fall seit Dezember 2003 überprüft und der Staatsanwaltschaft Potsdam in einem 68-seitigen Vermerk die Aufnahme von Ermittlungen empfohlen hat, jedoch begründete Zweifel. Sie sieht vielmehr nach Auswertung der Protokolle des zur Klärung des Scheiterns der Chipfabrik eingesetzten Untersuchungsausschusses des Landtages und eines für Fürniß vernichtenden Rechnungshofberichtes von Oktober ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass es sich nicht um ein Privatdarlehen, sondern um Provisionen gehandelt habe.

Wie Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg dem Tagesspiegel sagte, falle die zeitliche Nähe der ersten Überweisung in Höhe von einer Million Dollar an Fürniß im Februar 2002 zu zwei Vorgängen auf: Die Deutsche Bank, die zunächst die Finanzierung der Chipfabrik managen sollte, sei bereits im Herbst 2001 zu dem Schluss gekommen, dass das 1,3-Milliarden-Dollar-Projekt nicht zu realisieren sei. Sie habe deshalb eine so genannte Rücksicherungsgarantie (eine Art Bürgschaft des Landes) zurückgegeben. Fürniß hat diese Garantie laut Rautenberg dann auf die Bank of Dubai umschreiben lassen, aber die Gründe für diese Maßnahme verschwiegen. Darauf stützt sich nach Angaben des Generalstaatsanwalts auch der Vorwurf der Haushaltsuntreue.

Des Weiteren hat Fürniß im Februar 2002 eine Dringlichkeitsvorlage ins Kabinett eingebracht, derzufolge Dubai bei einem Scheitern des Projekts 250 Millionen Dollar Schadenersatz vom Land bekommen sollte. Damit konnte sich der Minister im Kabinett zwar nicht durchsetzen, doch traf etwa zum gleichen Zeitpunkt eine Million Dollar auf seinem Konto ein.

Bereits der Untersuchungsausschuss stellte fest, dass Fürniß Kabinett und Landtag „fehlerhafte und unzureichende Informationen“ gegeben hat, um das Land im Interesse Dubais finanziell stärker in das Projekt einzubinden. Auch gestand Fürniß vor dem Ausschuss ein, dass er 2001/2002 nicht nur mit Dubai, sondern auch dem benachbarten Emirat Schardschah Gespräche über die geplante Chipfabrik geführt habe.

Den letzten Anstoß für das Ermittlungsverfahren gab der Landesrechnungshof im Oktober: In seinem Jahresbericht äußerte er den Verdacht der Haushaltsuntreue, weil das Land auf Druck von Fürniß mindestens 78 Millionen Euro unter Verstoß gegen haushaltsrechtliche und kaufmännische Grundsätze in das Projekt gesteckt habe. Laut Rechnungshof liegen im Ministerium weder alle Unterlagen noch eine Gesamtübersicht über die geleisteten Zahlungen vor.

Fürniß war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Michael Mara

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