zum Hauptinhalt
Ein weites Feld. Das ehemalige Kasernengelände in Potsdam-Krampnitz ist seit dem Abzug der sowjetischen Armee völlig heruntergekommen. Offenbar wurde die Landesregierung beim Verkauf des 110-Hektar großen Areals vom Käufer ausgetrickst. Foto: Nestor Bachmann (dpa)

© ZB

Krampnitz: Erkundung unter morschen Dächern

Überraschendes Treffen mit einem Spähtrupp der Sanierer in der Ruinenstadt der Krampnitzer Kasernen.

Potsdam - Es bewegt sich etwas in den alten Häusern. Leise Stimmen sind durch die entglasten Fensterrahmen und offenen Türen zu hören, kurze Zeit später treten eine Frau und zwei Herren auf die Straße. Sie halten Akten in der Hand, haben sich die Gebäude der früheren Offizierssiedlung auf dem 112 Hektar großen Areal angesehen. Wer sie sind? „Desakon“, sagt einer der Männer. „Wir vertreiben die Häuser und wollen hier möglichst schnell sanieren.“

Ein überraschendes Treffen am Donnerstagmorgen, ausgerechnet hier, auf dem Gelände der Krampnitzer Kasernen, wo seit fast zwei Jahrzehnten nichts geschah, von Investoren keine Spur war. Ganz zu schweigen, dass der Verkauf des früheren Militärareals aus Landesbesitz vor drei Jahren das politische Brandenburg erschüttert. Nun scheint es endlich loszugehen. Die Desakon, die das in Angriff nimmt, ist in Berlin nicht unbekannt. Sie hat in Karlshorst gerade das frühere russische Oberkommando entwickelt, verkauft dort aufwendig rekonstruierte Wohnungen in alten Kasernen. Sieht es so bald in Krampnitz aus? Potsdam wartet dringend darauf. In der brandenburgischen Landeshauptstadt, deren Bevölkerung explodiert, wo die Mieten steigen und Wohnungen knapp werden, ist es die einzige größere Entwicklungsfläche.

Wer heute in die Hannoversche Straße einbiegt, an der hinter einem eisernen Tor mit rotem Sowjetstern einige Potsdamer leben, wird von Jann Jakobs empfangen. „Unsere Heimat. Unsere Zukunft. Unsere Stadt“, steht auf dem meterhohen Wahlplakat des Potsdamer SPD-Oberbürgermeisters vor der größten Militärbrache der Landeshauptstadt. In den einzig bewohnten Häusern, in deren Garten die Offiziershäuser der Kaserne stehen, sind Wohnungen zu vermieten – für 7,38 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter.

Dahinter liegt das Gelände, von dem die Rote Armee 1994 abgezogen ist, im Dornröschenschlaf. Die alten Holztreppen der Ein- und Zweifamilienhäuser sind morsch, die Dachstühle können die Last der schweren Ziegel kaum noch halten. An manchen Fenstern hängen Gardinen, halb zerrissen und grau. In den Zimmern rollt sich die Tapete von den Wänden, Zeitungen in kyrillischer Schrift aus dem Jahr 1987 kleben darunter, ein halb zerrissenes Buch mit russischen Helden liegt auf dem Boden. In einem Raum mit Ofen, Holzfußboden und einem Fenster hängen Poster. „Bravo 1992“ steht auf dem Bild, auf dem sich auch Kim Basinger räkelt.

Das Entwicklungskonzept, das der ursprüngliche Eigentümer, die TG Potsdam der Stadt und den Stadtverordneten vorgelegt hat, soll im ersten Bauabschnitt im Bereich der Offiziershäuser umgesetzt werden, sagt der Desakon-Mann. Die Plattenbauten, in denen die Soldaten wohnten, sollen abgerissen werden. Neubauten dürften vorerst nicht entstehen, denn die Stadt Potsdam hat einen Bebauungsplan für das Gelände aufgeschoben. Andere Projekte sind dringlicher, befanden die Stadtverordneten vor einem Jahr: Der Eigentümer habe seine Vorhaben trotz mehrmaliger Nachfragen nicht konkretisiert. Jetzt gibt es einen neuen Eigentümer, der offensichtlich schnell Fakten schaffen will.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false