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Brandenburg: Kumpel, Kohle und ein Dorf

Braunkohleabbau: Tausende Beschäftigte demonstrierten für die Umsiedlung HornosVON CLAUS-DIETER STEYER JÄNSCHWALDE.Kurz nach 14 Uhr gab die Hubschrauberbesatzung das entscheidende Signal: "Die gesamte Kette ist geschlossen.

Braunkohleabbau: Tausende Beschäftigte demonstrierten für die Umsiedlung HornosVON CLAUS-DIETER STEYER JÄNSCHWALDE.Kurz nach 14 Uhr gab die Hubschrauberbesatzung das entscheidende Signal: "Die gesamte Kette ist geschlossen.Wunderbares Bild." Unten winkten die Menschen.Viele schwenkten ihre weißen, gelben und blauen Schutzhelme.Andere genehmigten sich einen Schluck Kräuterschnaps gegen das unfreundliche Wetter.Rund 5000 Frauen und Männer aus dem ganzen Lausitzer Kohlerevier, dem nahen Großkraftwerk Jänschwalde und aus umliegenden Betrieben hatte die Sorge um ihre Arbeitsplätze in die wenig wirtliche Tagebaulandschaft nördlich von Cottbus gezogen.Auf einer fast fünfeinhalb Kilometer langen Strecke standen sie beieinander, um so eine symbolische Verbindung zwischen den Kohleabbau und dem Kraftwerk zu schließen.Der Tag für den Protest war nicht zufällig gewählt.Am heutigen Donnerstag verhandelt das Landesverfassungsgericht über eine Klage der PDS-Landtagsfraktion zu dem im Vorjahr mehrheitlich beschlossenen Baunkohlengrundlagengesetz.Es sieht die Abbaggerung des nur wenige Kilometer vom Kraftwerk Jänschwalde entfernten Ortes Horno vor.Die PDS will prüfen, ob die geplante Umsiedlung gegen den in der Verfassung verankerten Schutz des sorbischen Siedlungsgebietes verstößt.Auch die Gemeinde Horno selbst sowie der sorbische Dachverband Domowina und einzelne Bürger haben Klagen eingereicht."Die PDS spielt sich immer als Vertreter ostdeutscher Interessen auf", schimpfte der oberste Gewerkschaftschef der Bergleute und Energiearbeiter, Urich Freese."Aber bei uns versucht sie durch juristische Spitzfindigkeiten die Zukunft von tausenden Menschen zu gefähren." Freese sitzt in der SPD-Landtagsfraktion, die das bis heute umstrittene Braunkohlegesetz mit ihrer Mehrheit durchgesetzt hatte.Nach Freeses Rechnung würde ein Stopp der Kohlebagger vor dem kleinen Dorf Horno 4000 Arbeitsplätze im Tagebau und im angeschlossenen Kraftwerk gefährden.Weitere 10 000 bis 12 000 Jobs seien von diesen Großbetrieben abhängig.Schon heute gehöre die Lausitz mit einer offiziellen Arbeitslosenquote zwischen 26 und 30 Prozent zu den größten Krisenregionen.Auch der SPD-Landrat des Kreises Spree-Neiße, Dieter Friese, reihte sich in die Menschenkette ein.Zu seinem Kreis gehören sowohl Horno als auch das Bergbaurevier.Doch sein Herz schlägt für die Energiewirtschaft."Bei so einer hohen Arbeitslosenquote muß ich mich einfach für die Kohle entscheiden", sagte Friese."Die Einwohner von Horno würden bei einer Umsiedlung doch keine wirtschaftlichen und sozialen Einbußen erleiden."120 Millionen Mark will sich die Lausitzer Braunkohle AG eine neue Siedlung für die Hornoer kosten lassen, heißt es intern.Ein Stopp der Bagger vor dem sorbischen Dorf oder eine dichte Umgehung des Ortsrandes unweit der deutsch-polnischen Grenze würde bedeutend mehr Kosten verursachen und die Wettbewerbskraft der Lausitzer Energiewerke schmälern.Zudem müßten die Einwohner mindestens für sieben Jahre mit dem Krach der Förderbrücken und Staubwolken leben.Die Bewohner von Horno denken nicht daran, sich von Menschenketten oder markigen Politikersprüchen beeinflussen zu lassen.Die Protestplakate vor den Häusern machten gestern den Eindruck, als wären sie gerade gestrichen oder erneuert worden."Wir bauen um.Wir bauen aus.Aus Horno wollen wir nicht raus", hieß es beispielsweise vor einem frisch renoviertem Haus.

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