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Brandenburg: Kurz vor der Volksverhetzung

Brandenburger Politiker sind beunruhigt, wie subtil die DVU agiert – und auch Zustimmung findet

Potsdam - Nach dem jüngsten NPD-Skandal in Dresden wächst in Brandenburg die Sorge vor Provokationen der rechtsextremen DVU im Landtag. „Man darf die neue Allianz der Rechtsextremen nicht unterschätzen“, warnte PDS-Fraktionschefin Dagmar Enkelmann gegenüber dieser Zeitung. Zwischen der NPD und der DVU, die erst vor wenigen Tagen ein bundesweites Wahlbündnis vereinbarten, gebe es schließlich „viele Gemeinsamkeiten“.

Zwar hielten sich die sechs DVU-Abgeordneten bislang zurück. Vergleichbare Eklats wie in Dresden gab es bislang nicht. Doch es sei zu befürchten, dass „die DVU einen Kurs wie die NPD einschlägt“, so Enkelmann. Ähnlich sieht es SPD-Fraktionschef Günter Baaske: „Sie stellen sich bisher als Biedermänner dar, doch sie sind Wölfe im Schafspelz.“ Was Potsdamer Politiker neben dem neuen Wahlbündnis der Rechtsextremen alarmierte: DVU-Fraktionschefin Liane Hesselbarth nahm Anfang Januar am Neujahrsempfang der NPD im Dresdner Landtag teil, bei dem NPD-Abgeordnete demonstrativ die Regierungsbänke im Plenarsaal besetzt hatten. Ein Gruppenfoto zeigt Hesselbarth neben NPD-Bundeschef Udo Vogt und dem früheren Republikanerchef Franz Schönhuber. Baaske: „Dieser Schulterschluss zeigt, wohin auch bei der DVU die Reise hingeht – ins rechtsextreme Lager.“ Und PDS-Fraktionschefin Enkelmann will nicht ausschließen, „dass auch die Brandenburger DVU-Abgeordneten sich einer Gedenkminute für Holocaust-Opfer demonstrativ verweigern würden“. Dass es vor wenigen Tagen in der Parlamentsdebatte anlässlich des 60. Jahrestages von Kriegsende und Holocaust nicht zu Szenen wie in Dresden kam, habe vielleicht nur daran gelegen, dass keine Gedenkminute vorgesehen war.

Bislang agiert die DVU im Brandenburger Landtag subtiler, mit eher rechtspopulistischen Parolen. Das könne gefährlicher sein als plumpe Provokation, sorgt sich PDS-Fraktionschefin Enkelmann, und es grenze an Volksverhetzung. Bei der Debatte des Parlaments zum 60. Jahrestag betonte der parlamentarische DVU-Geschäftsführer und Landeschef Siegmar-Peter Schuldt zunächst, dass die Nazis „eine der größten Katastrophen der deutschen Geschichte“ waren. Er sprach auch vom „Mord an den Juden“. Und nannte dann, um „Geschichte als Ganzes“ zu sehen, im nächsten Atemzug Verbrechen an Indianern, an Häftlingen in Stalins Lagern, an deutschen Vertriebenen.

Bei diesen Passagen habe er bei manchen Abgeordneten der eigenen Reihen heimliche Zustimmung beobachten können, sagt ein nachdenkliches Regierungsmitglied. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der Schuldt Relativierung der NS-Verbrechen vorwarf, hatte schon in seiner Antrittsrede als Bundesratspräsident im November 2004 gewarnt: „Es ist festzustellen, dass es rechtsextremistischen Gruppierungen teilweise gelungen ist, Tabugrenzen abzusenken und größere Akzeptanz zu finden.“

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